«Das hat mit Integration nichts zu tun»

04.04.2016, 19:50 Uhr
· Online seit 04.04.2016, 18:20 Uhr
Die Praxis an einer Baselbieter Schule, muslimische Schüler vom Handschlag mit ihren Lehrerinnen zu dispensieren, ist für die Baselbieter Bildungsdirektorin keine Dauerlösung. Justizministerin Simonetta Sommaruga erachtet die Weigerung der Schüler als inakzeptabel.
Christoph Fust
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Sommaruga sagte in der Sendung «10vor10» von Fernsehen SRF, «dass ein Kind der Lehrperson die Hand nicht gibt, das geht nicht». Der Handschlag gehöre zu unserer Kultur.

Die Weigerung der beiden Schüler, aus religiösen Gründen einer fremden Frau die Hand zu geben, gehe zu weit und könne auch unter dem Titel Religionsfreiheit nicht akzeptiert werden, sagte die Bundesrätin am Montag weiter. In dieser Angelegenheit dürfe es keine Fragezeichen geben.

Die Schulleitung der Sekundarschule Therwil BL hatte mit zwei muslimischen Schülern, welche aus religiösen Gründen Frauen nicht berühren wollen, vereinbart, dass sie auf den in dieser Schule üblichen Handschlag mit den Lehrpersonen verzichten können. Diese Praxis gilt bis auf weiteres. Sie löste eine grosse Debatte in den Medien aus.

Die Therwiler Schulleitung habe «vorerst einen pragmatischen Weg» im Sinne eines reibungslosen Schulbetriebs gewählt, lässt sich die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind zitieren. Es handle sich jedoch für sie «nicht um eine dauerhafte Lösung». Grundsätzlich würden für alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Regeln gelten.

Gschwind betonte, sie wolle an gleichen Umgangsformen und Verhaltensregeln gegenüber Frauen wie Männern «konsequent festhalten». Sanktionen zur Durchsetzung von Regeln seien sorgfältig zu prüfen. Ein Gutachten sei in Arbeit, ebenso ein Grundlagenpapier zuhanden aller Schulen des Kantons.

Die Fragestellung sei «erstmalig aufgetreten», hiess es am Montag auf Anfrage bei der Baselbieter Bildungsdirektion. Der Kanton Baselland habe deshalb noch keine offiziellen Empfehlungen zum Thema Händeschütteln an der Schule.

Publik wurde die Therwiler Abmachung in der Folge der SRF-Sendung «Arena» vom Freitagabend und einiger Medienberichte danach. Der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz, Christoph Eymann aus Basel-Stadt, pochte in der SRF-Tagesschau vom Sonntagabend auf klare Regeln für alle an der Schule; religiöse Ausnahmen erschwerten die Integration.

Die Föderation Islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS) liess am Montag ihrerseits verlauten, dass ein Händedruck zwischen Mann und Frau «theologisch erlaubt ist» für eine einfache Begrüssung. In der islamischen Tradition sei Höflichkeit gegenüber allen wichtig, und zur Begrüssung gebe es unterschiedliche Bräuche.

Gemäss Communiqué betrachtet die FIDS den Händedruck zwischen Lehrpersonen und Schülern als «unproblematisch», wenn er helfe, eine gute Beziehung zu schaffen mit dem Ziel guter Bildung und wirksamer Integration. In den wenigen Fällen, wo der Händedruck verweigert werde, sei ein konstruktiver Dialog zielführend.

veröffentlicht: 4. April 2016 18:20
aktualisiert: 4. April 2016 19:50
Quelle: red

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