25‘000 Franken «verloren» – immer Ärger mit dem Wettanbieter

· Online seit 24.12.2015, 07:34 Uhr
Fast hätte sich FM1Today-Leser Lukas das schönste Weihnachtsgeschenk gemacht. Aber eben nur fast: Wegen einer unglücklichen Begebenheit gingen ihm bei einer Sportwette 25‘000 Franken durch die Lappen.
Marco Latzer
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Mit fünf Franken Einsatz 25‘000 Franken Gewinn machen. Das ist der sehnliche Traum eines jeden, der sich für Sportwetten interessiert. FM1Today-Leser Lukas hätte das um ein Haar geschafft. Jetzt überwiegen aber Frust und Ärger.

Wie gewonnen so zerronnen

Lukas platziert beim Anbieter «Rivalo» Anfang Dezember eine gewagte Kombi-Wette: Zehn Spiele muss er richtig tippen, um die fette Beute abzusahnen. Und zunächst läuft alles wie am Schnürchen; mit den ersten neun Tipps trifft er voll ins Schwarze. Dann kommt das unheilvolle letzte Spiel: Spanischer Pokal - Real Madrid trifft auswärts auf den Drittligisten Cadiz. Klare Sache, denkt sich Lukas, und wettet auf ein 3:0 für den prominenten Glamour-Klub. Fast geht die Rechnung auf: Praktisch im letzten Moment, in der 89. Minute, trifft Underdog Cadiz doch noch zum 1:3. Die 25‘000 Franken sind damit futsch.

Die Hoffnung kehrt zurück

Aber die Wette bekommt ein Nachspiel am grünen Tisch: Real Madrid wird einen Tag nach dem Cup-Match disqualifiziert und das Spiel offiziell annulliert. So als hätte es nie stattgefunden. Der spanische Rekordmeister hatte mit dem Russen Denis Cheryshev einen Spieler eingesetzt, der eigentlich gelbgesperrt gewesen war und deshalb nicht hätte spielen dürfen.

Für Lukas ist der Fall klar: Das Spiel muss aus der Wertung seiner 10er-Wette fliegen. Dies würde für ihn immerhin noch einen «Restgewinn» von rund 8‘000 Franken bedeuten.

Der Anbieter ziert sich

Doch auch Tage nach dem vermeintlichen Gewinn wird ihm der Betrag auf seinem Wettkonto nicht gut geschrieben. Lukas wendet sich mit seinem Anliegen an Anbieter «Rivalo» und hofft auf eine Auszahlung. Dort wird er seither mit teils automatisch generierten Standardantworten auf die lange Bank geschoben. Auf sein Anliegen scheint niemand eingehen zu wollen.

George Häberling ist einer der wenigen Anwälte in der Schweiz, der sich in seiner Arbeit mit dem juristischen Geplänkel rund um Sportwetten befasst. Er meint: «Ein ganz schwieriger Fall. Entscheidend ist sicherlich, was in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens steht. Da der Anbieter seinen Sitz nicht in der Schweiz hat, können von hier aus definitiv keine rechtlichen Ansprüche geltend gemacht werden.»

Ein Blick in die AGB von «Rivalo» stimmt zunächst hoffnungsvoll: «Wenn eine Wette für ‹ungültig› erklärt wird (z.B. Spielabsage), wird diese Wette mit einer Quote von 1,0 als ‹gewonnen› ausgewertet. Für Einzelwetten bedeutet das, dass der Kunde einen Betrag erhält, der seinem Wetteinsatz entspricht. Bei einer Kombiwette bedeutet das, dass die gesamte Quote entsprechend angepasst wird und die Kombiwette noch immer gewonnen werden kann, wenn alle anderen Wetten, die darin enthalten sind, ebenfalls gewonnen werden.»

«Rivalo» ist ein karibischer Exot

Was gut tönt, hat aber einen entscheidenden Haken. «Rivalo» hat seinen Geschäftssitz auf Curaçao, einer autonomen holländischen Karibikinsel. Die 444 Quadratkilometer grosse Insel geniesst einen zweifelhaften Ruf als Steuer- und Finanzparadies.

Lukas müsste seine Gewinnforderung laut George Häberling auf Curaçao geltend machen und sich vor Ort einen Anwalt nehmen. «Das ist für den Betroffenen mit einem enormen finanziellen Risiko verbunden, da es keine Garantie gibt, dass man mit dem Anliegen auch wirklich durchkommt», sagt Häberling. Der Wetter müsse sich in diesem Fall gut überlegen, ob er diesen Aufwand wirklich auf sich nehmen will.

Wie sich Ärger vermeiden lässt

Hätte Lukas seinen Frust verhindern können? «Ja!», findet Manuel Richard, Generalsekretär der interkantonalen Lotterie- und Wettkommission Comlot. Was viele nämlich nicht wissen, sei, dass Anbieter wie «Rivalo», «Bwin» oder «Bet at Home» in der Schweiz im Prinzip illegal tätig sind. Sprich: Sie haben keine Konzession. Da die Anbieter aber im Ausland sitzen und ausländische Server für ihr Angebot benutzen, bekommen diese Angebote einen pseudo-legalen Anstrich.

Genau dies sei der Vorteil, wenn man auf ein Schweizer Wettbüro setze. «Bei Streitigkeiten lassen sich vor einem Schweizer Gericht Ansprüche stellen und gegebenenfalls schalten auch wir als Aufsichtsbehörde uns ein.» Aber auch diese Sache hat einen Haken: In der Deutschschweiz gibt es bloss einen «legalen» Anbieter. «Swisslos» macht mit den drei Sportwett-Produkten Totogoal, Sporttip SET und One ca 40 Millionen Franken Umsatz. Und ist damit – im Vergleich zur «illegalen» Konkurrenz im Ausland – ein ziemlich kleiner Fisch im Teich.

Und was macht Lukas?

Wie es bei Lukas weitergeht, ist noch nicht klar. Er hofft immer noch auf ein Einlenken bei «Rivalo». Anwalt George Häberling mahnt: "Er muss sich ganz genau überlegen, ob es ihm die fünf Franken, die er eingesetzt hat, wert sind, einen Prozess anzustreben.“ Dessen ist sich auch der unschlüssige Lukas im Klaren. Was er aber weiss: «Bei diesem Wettanbieter werde ich in Zukunft nicht mehr setzen.»

Es empfehlen sich andere Anbieter – es können auch ausländische sein. «Auf grössere Anbieter setzen, die ihren Sitz an einem seriösen Ort haben und idealerweise an der Börse kotiert sind», so der Tipp von Häberling. Diese können sich trotz rechtlichem Graubereich nämlich nicht alles erlauben und sind wegen der öffentlichen Wahrnehmung auch bei Streitigkeiten kulanter.

veröffentlicht: 24. Dezember 2015 07:34
aktualisiert: 24. Dezember 2015 07:34

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