«Das hätte nie passieren dürfen»

16.01.2017, 21:06 Uhr
· Online seit 16.01.2017, 18:25 Uhr
Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der letzten Jahre im Kanton St.Gallen: Der Überfall auf eine Hanf-Indooranlage in Altstätten im Februar 2015. Heute hat vor dem Kreisgericht Rheintal der Prozess angefangen. Insgesamt sechs Männer sind angeklagt. Darunter auch der Hauptangeklagte D. M., der schon beim berühmten Fraumünster-Postraub in Zürich 1997 dabei war.
Michael Ulmann
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Der Überfall in Altstätten ereignete sich in der Nacht auf den 16. Februar 2015. Zu sechst überfielen die Angeklagten die Hanfplantage in einer Industriehalle. Ihr Ziel: Die Hanfpflanzen stehlen und diese dann mit Gewinn verkaufen. In der Halle befanden sich Hanfpflanzen mit einem Wert von über 400'000 Franken. Bereits kurz nach Beginn des Überfalls geriet die Situation jedoch ausser Kontrolle.

Patronen verwechselt

Einer der Beteiligten, der Hauptangeklagte D. M., schoss mit einer Schrotflinte, die er selber mitgenommen hatte, auf die beiden Bewacher der Halle. Beide wurden dabei schwer verletzt, einer lebensgefährlich. Er ist seither arbeitsunfähig und wird wohl kaum jemals wieder gesund. Bei der Befragung am ersten Prozesstag sagte D. M.: «Das hätte nie passieren dürfen. Ich war fahrlässig. Wir wollten das Gras abernten, ja. Wir wollten aber niemanden verletzen.»

Zu der blutigen Schiesserei sei es gekommen, weil er die Patronen der Schrotflinte verwechselt habe. «Ich bin davon ausgegangen, es seien Gummigeschosse in der Waffe gewesen. Als ich später dann erfuhr, dass es Flintenlaufgeschosse waren, erschrak ich sehr.» Er habe sich noch gewundert, weshalb die Gummigeschosse solch schwere Verletzungen bei den beiden Bewachern ausgelöst hätten, so D. M. weiter. Auf die Frage des Richters, wieso er die Schrotflinte überhaupt mitgenommen habe, antwortete er: «Aus Selbstschutz.»

Der Hauptangeklagte zeigte sich reuig. An das eine Opfer gerichtet, das dem Prozess beiwohnte, sagte er, es tue ihm sehr, sehr leid und er werde sich das nie verzeihen. Ihn beschäftige die Tat noch jeden Tag, diese habe ihn für sein ganzes Leben geprägt.

Die St.Galler Staatsanwaltschaft fordert für ihn eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren. Unter anderem wegen mehrfach versuchter vorsätzlicher Tötung, qualifiziertem Raub, mehrfacher Freiheitsberaubung oder mehrfacher Nötigung. Für die anderen fünf Angeklagten beantragt sie Freiheitsstrafen zwischen 34 Monaten und 4 Jahren.

Der «Jahrhundert-Raub»

D. M. war bereits an einem berühmten Raubüberfall beteiligt und deshalb kein unbeschriebenes Blatt. Am 1. September 1997 überfiel er ebenfalls zusammen mit mehreren Komplizen die Fraumünster-Post in Zürich. Dieser Raub gilt als eines der spektakulärsten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte. Die Täter erbeuteten damals über 53 Millionen Franken. D. M. wurde wegen Mittäterschaft zu knapp fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Der aktuelle Prozess soll sechs Tage dauern. Die Anträge der Verteidigung der Angeklagten sind noch nicht bekannt.
veröffentlicht: 16. Januar 2017 18:25
aktualisiert: 16. Januar 2017 21:06

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