«Das hätte sehr gefährlich werden können»

· Online seit 23.12.2015, 17:57 Uhr
Fast hätte eine Drohne den Skifahrer Marcel Hirscher während des Nachtslaloms in Madonna di Campiglio getroffen. Klar ist: Der Österreicher hatte bei seiner Fahrt zahlreiche Schutzengel mit von der Partie. Drohnen sollte man bei Skirennen verbieten, finden Experten.
Leila Akbarzada
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«Es war eine Frage der Zeit, bis so etwas passiert ist», sagt Beat Kälin, freischaffender Kamermann und Drohnenexperte. In den letzten Jahren habe es einen regelrechten Hype um die Drohnenflugzeuge gegeben - auch in der Schweiz. «Heutzutage kann sich jeder eine Drohne im Fachgeschäft kaufen. Gerade an Weihnachten sind kleine ‹Spielzeugdrohnen› ein beliebtes Geschenk. Dabei ist die Bedienung mit Drohnen nicht ganz ungefährlich.»

Kälin sagt: «Es gibt zwei Kategorien. Die einen steuert man manuell, da braucht der Pilot schon ein gewisses Know-How und Übung. Die anderen Drohnen sind mit GPS gesteuert und in der Regel bubieinfach zu fliegen.» Er selbst habe noch nie einen Unfall mit einer Drohne erlebt. Wenn man sich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halte, passiere auch nichts.

Technischer Fehler

Grund beim Absturz am Slalom-Rennen in Madonna di Campiglio sei wohl ein technischer Fehler gewesen. «Bei tiefen Temperaturen kann es durchaus sein, dass der Akku abstürzt oder ein Propellermotor aussteigt. Das kann jederzeit passieren», sagt Kälin. Er könne sich nicht vorstellen, dass es sich um einen Flugfehler des Piloten handelte. «Sonst wäre das wirklich ein Anfänger». Diese Option könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Es handle sich bei diesem Fall um eine sehr teure Drohne, die etwa 20'000 Franken kostete. Die habe nicht jeder.

In der Schweiz verboten

Fakt ist: Wäre der Skirennfahrer etwas langsamer gewesen, hätte er wohl böse Verletzungen erlitten. «Diese Drohne wiegt wahrscheinlich etwa 15 Kilogramm», sagt Kälin. Das sei viel zu gefährlich und müsse bei einem Skirennen verboten werden. «In der Schweiz wäre die Handlung ein Straftatbestand.»

Zu viel Unwissen

Das bestätigt auch die zuständige Behörde, das Bundesamt für Luftfahrt (Bazl). Man habe letztes Jahr die Gesetzeslage angepasst: Drohnen dürfen Menschenmengen über 20 Personen nur noch mit einer Bewilligung direkt vom Bazl überfliegen. Man dürfe auch nicht näher als 5 Kilometer an einen Flugplatz heranfliegen. «Das Problem ist, dass Konsumenten heutzutage Drohnen in gewöhnlichen Grosshandelsgeschäften kaufen können. Sie sind weder beraten noch richtig instruiert über den Gebrauch der Drohne», sagt Urs Holderegger, Leiter Kommunikation des Bazl.

Ein Trend, der vergeht

Minidrohnen kosten heutzutage nur noch ein paar Hundert Franken. Holderegger aber Entwarnung: «Es handelt sich hier um einen Trend, der relativ schnell seinen Anreiz verliert», sagt er. Es gebe heute nicht mehr so viele Fälle von Drohnenabstürzen wie vor einem Jahr. Menschen waren bisher nicht involviert in Unfälle.

Man dürfe in dieser Diskussion nicht vergessen, dass Drohnen nicht nur Gefahren bergen, sondern auch ein enormes Entwicklungspotential mit sich bringen. «Für die Landwirtschaft oder die Kartenschreibung erbringen Drohnen einen enormen Nutzen,» sagt Holderegger.

Wenn niemand zu Schaden kommt, sind Drohnenabstürze vor allem eines: sehr unterhaltsam. Das stellt dieses Video unter Beweis.

(lak)

 

 

veröffentlicht: 23. Dezember 2015 17:57
aktualisiert: 23. Dezember 2015 17:57

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