Deshalb steht der «Aescher» an der Wand

02.11.2015, 14:40 Uhr
· Online seit 02.11.2015, 13:48 Uhr
So sehr der «Aescher» diese Saison boomte, so wenig interessant war er lange Zeit - obwohl er zu den ältesten Berggasthäusern der Schweiz gehört, Persönlichkeiten das Gasthaus bewirteten, darin in früheren Jahrhunderten Berühmtheiten verkehrten und sogar ein Schuss in der Gaststube fiel.
Christine König
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Die Wirtefamilie Knechtle hat gestern die Türen des «Aeschers» für die Gäste geschlossen - Saisonpause bis zum 1. Mai nächsten Jahres. Es war ein aufregender Sommer mit grosser medialer Aufmerksamkeit für das Berggasthaus. Eben erst ist es von «National Geographic» zum schönsten Ort der Welt gekürt worden. Zuvor war es «Berggasthaus des Jahres» und «Interessantestes Berggasthaus». Touristen aus der ganzen Welt kehren ein und - ganz wichtig - schiessen Fotos vom pittoresken Haus, das sich an die fast senkrechte Felswand der Ebenalp schmiegt. Die sozialen Medien sind voller Selfies mit dem «Aescher» und schönen Bergstimmungen rund um die Wirtschaft.

Das sieht dann zum Beispiel so aus:

#restaurant #aescher #wildkirchli #ebenalp #nebel #felswand

Ein von Gabriela (@ueberdesign) gepostetes Foto am

Zuerst im Schatten des Wildkirchlis

So sehr der «Aescher» diese Saison boomte, so uninteressant schien er früher. In vielen alten Schilderungen über den Alpstein wird der «Aescher» gar nicht oder nur knapp erwähnt. Viel mehr Aufmerksamkeit erregte die Wildkirchlihöhle mit der Höhlenkapelle und dem Eremitenhäuschen. Erstmals beschrieben wird die «Aescher»-Hütte Ende des 17. Jahrhunderts. Eine ähnliche Ausstrahlung wie heute - nur ohne den Hype in den sozialen Medien - erlangte der «Aescher» erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Schon immer waren die «Aescher»-Wirte umtriebig, besonders engagiert war Johann Babtist Inauen ab 1872. Er wird als «gemütlicher Gesellschafter und dienstbereiter Führer auf den idyllischen Höhen des Wildkirchleins» beschrieben. Die berühmteste Wirtin war Maria Johanna Dörig-Dörig, genannt «Aeschernann» (1869-1942). Sie blieb sogar über den Winter, um die Wildkirchliforscher zu verköstigen. Auch Berühmtheiten kehrten in den frühen Jahren etliche im «Aescher» ein, etwa der deutsche Dichter Josef Viktor Scheffel, der auf dem Aescher an seinem Roman «Ekkehard» schrieb. In jüngster Zeit weiss man, dass der Hollywood-Schauspieler Asthon Kutcher gerne einmal da einkehren würde. Im Sommer des letzten Jahres pries er auf seiner Facebook-Seite das Berggasthaus an.

...und es fiel ein Schuss

Der «Aescher» war sogar schon Tatort. Am 27. Mai 1862 fiel in der Stube des «Aeschers» ein Schuss. Dies nach einer der etlichen Auseinandersetzungen zwischen dem damaligen Wirt Johann Baptist Büchler und Wildkirchlipächter. Zum Vorfall gab es wilde und ehrenrührige Gerüchte über den Wildkirchlipächter. Maria Antonia Büchler, die Frau von Johann Babtist, erklärte jedenfalls einige Jahre später, dass sie jede Beschuldigung gegen Schmid zurücknehme und ihn als «rechtschaffen und ehrenhaft» bezeichne. 

Die Frage aller Fragen

Bleibt noch die Frage aller Fragen: Weshalb überhaupt wurde der «Aescher» so spektakulär in den Fels gebaut? Sandro Frefel, Innerrhoder Landesarchivar, vermutet: aus Platz- und Sicherheitsgründen. «Der Aescher war ursprünglich eine Alp. Auf dieser war der Platz erstens beschränkt und zweitens war es unter der fast überhängenden Felswand am Sichersten vor Steinschlag und Lawinen.» Den Fels sieht man nicht nur von aussen, sondern erlebt seinen Charme auch im Innern. Wer im «Aescher» auf die Toilette muss, verspürt Höhlenfeeling, denn die Wand dort ist der Fels. Ganz im Fels verbirgt sich der Keller der Wirtschaft. Darin lagern die Kartoffeln für die berühmte «Aescher»-Rösti. Und wer nach dieser Spezialität noch ein Supplement mag, dem sei die Höhlen-Meringue empfohlen. Woher diese ihren Namen hat, versteht sich von selbst. (red)


veröffentlicht: 2. November 2015 13:48
aktualisiert: 2. November 2015 14:40

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