Die Heizungsbranche will nichts von strengeren Abgaswerten wissen

26.07.2017, 11:20 Uhr
· Online seit 26.07.2017, 10:00 Uhr
Geht es nach dem Bund, sollen Heizungen künftig weniger umweltschädliche Abgase verursachen. Doch die Pläne stossen der Mineralölbranche sauer auf. Sie warnt vor teuren Sanierungen mit wenig Wirkung. Der Bundesrat will auf kommenden Frühling hin verschiedene Umweltverordnungen anpassen.
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Es geht um Änderungen beim Gewässer- und beim Lärmschutz oder um die Revision der Pärkeverordnung, womit grenzüberschreitende Nationalpärke ermöglicht werden sollen.

Die meisten Punkte des Pakets sind unbestritten, doch ein Thema wird in der Vernehmlassung, deren Eingabefrist am Mittwoch ausläuft, heiss diskutiert: die Revision der Luftreinhalteverordnung.

Demnach sind unter anderem für kleinere Heizungen strengere Grenzwerte vorgesehen. Weitere Punkte sollen mit der Gesetzgebung in der EU harmonisiert werden.

In der Mineralölbranche herrscht wegen der geplanten Revision dicke Luft. Vor allem bei der Forderung nach einem tieferen Abgasverlust-Grenzwert für Heizungen wittert sie Ungemach. Neu sollen die Abgasverluste von 7 Prozent auf 3 bis 4 Prozent gesenkt werden. Damit ist die Wärmemenge gemeint, die mit den Abgasen ungenutzt aus den Heizungen entweicht.

«Das würde dazu führen, dass unzählige tadellos funktionierende, moderne Ölheizungen weit vor Ablauf der Lebensdauer demontiert werden müssen», sagt Ueli Bamert auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Bamert ist Geschäftsführer des Verbands Swissoil. Zudem bringe eine Reduktion des Abgasverlusts kaum Einsparungen beim Heizölverbrauch.

Laut Swissoil können auch moderne Ölbrennwertkessel höhere Abgasverluste aufweisen, da bei einer Sanierung die Heizwasserverteilung oft nicht angepasst werde. Würde hier der Hebel angesetzt, seien deutlich höhere Einsparungen möglich.

Die vorgesehenen Verschärfungen bei den Abgasverlusten sind ein Punkt, der auch vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) kritisiert wird. «Unter realen Bedingungen sind die Pläne zu ambitioniert», sagt Sprecher Thomas Hegglin auf Anfrage.

Der Vorschlag der Branche zielt auf einen Kompromiss. Der Grenzwert für Abgasverluste bei der Raumwärmeerzeugung oder Wassererwärmung soll demnach bei 5 Prozent festgelegt werden. Des Weiteren soll für die Sanierung beanstandeter bestehender Anlagen eine Übergangsfrist von zehn Jahren gelten.

Ansonsten möchte die Mineralölbranche möglichst liberale Lösungen. Beispielsweise soll die Kontrollperiode wie für Gasheizungen auch für Ölheizungen von zwei auf drei Jahre ausgeweitet werden. Die Technologie werde laufend weiterentwickelt, die Abgaswerte verbesserten sich, argumentiert der Verband Swissoil.

Unterstützung erhält er dabei von zwei weiteren grossen Playern, dem Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) und dem Hauseigentümerverband (HEV). Letzterer bezeichnet in seiner Stellungnahme die geplanten Verordnungsänderungen als «Angriff auf die fossilen Heizungen».

Analog zu den Fahrzeugen, welche für die Energieetikette mit Spezialreifen und -öl auf einen tiefen Verbrauch getrimmt würden, welcher im täglichen Leben nie mehr erreicht werde, werde es auch mit bestehenden Heizkesseln geschehen. Dies jedenfalls prognostizieren die Hauseigentümer.

Auch sie pochen auf weniger Regulierungen: «Es kann nicht Aufgabe des Staats sein, ein Heizsystem für eine Liegenschaft vorzuschreiben.» Eine Vielfalt von Heizungssystemen biete Gewähr dafür, auch die Vielfalt von Gebäudesituationen abdecken zu können.

Neben Kritik gibt es für die Pläne des Umweltdepartements UVEK auch Zuspruch. «Wir erachten jede Verschärfung bei fossilen Heizungen als sinnvoll, wenn sie dabei hilft, die Energie- und Klimaziele der Schweiz zu erreichen», sagt Tina Berg von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) der sda.

Um die Verpflichtungen im Pariser Klimaabkommen einzuhalten und die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen, müsse sich die Schweiz auf absehbare Zeit ohnehin komplett von fossilen Brennstoffen verabschieden. Dieser Meinung schliesst sich auch die Alpen-Initiative an.

Die Revision der Luftreinhalteverordnung berücksichtige den neuesten Stand der Forschung gut, schreiben die Akademien der Wissenschaften Schweiz in ihrer Stellungnahme. Die vorgeschlagenen Massnahmen erschienen einfach umsetzbar und seien ein «notwendiges Minimum».

veröffentlicht: 26. Juli 2017 10:00
aktualisiert: 26. Juli 2017 11:20
Quelle: SDA

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