Die Schweiz hat 2016 weniger Kriegsmaterial exportiert

21.02.2017, 13:20 Uhr
· Online seit 21.02.2017, 10:00 Uhr
Die Schweiz hat im vergangenen Jahr weniger Rüstungsgüter exportiert als im Vorjahr. Schweizer Unternehmen lieferten für 411,9 Millionen Franken Kriegsmaterial in 70 Länder. Das ist der tiefste Wert seit 2006.
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Die gesamte Warenausfuhr aus der Schweiz hat 2016 gegenüber dem Vorjahr um rund sieben Prozent zugenommen. Die Kriegsmaterialausfuhren sind gleichzeitig um rund acht Prozent zurückgegangen.

Das entspreche dem Trend der letzten Jahre, sagte Simon Plüss vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) am Dienstag vor den Medien in Bern. Das SECO sieht den Grund in den strengeren Kriterien, die seit 2008 gelten. «Seither geht es abwärts», sagte Plüss, auch wenn die Wirkung mit Verzögerung eingetreten sei.

Kriegsmaterialexporte sind zum einen verboten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Der Bundesrat wendet dieses Verbot allerdings nur dann an, wenn in einem Land selbst ein Konflikt herrscht.

Zum anderen sind Ausfuhren verboten, wenn ein hohes Risiko besteht, dass das Material für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird. Diese Bestimmung gilt seit 2014. Vorher durfte generell kein Kriegsmaterial in Länder exportiert werden, in welchen die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden. Die Lockerung ermöglichte die Lieferung von Fliegerabwehr-Systemen nach Pakistan.

Wegen des Kriegs in Jemen verhängte der Bundesrat 2015 ein Exportmoratorium für die beteiligten Länder. Im April vergangenen Jahres gab er dem Druck der Wirtschaft nach und lockerte dieses. Abgelehnt werden nur noch Gesuche für Güter, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie im Jemenkonflikt verwendet werden.

Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Gegenüber 2015 stiegen die Schweizer Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien im letzten Jahr von 5,8 auf 12,2 Millionen Franken. Ferner wurden Gesuche um Ausfuhren in den Mittleren Osten im Wert von 185 Millionen Franken bewilligt. Abgelehnt wurden Gesuche im Wert von 19 Millionen Franken.

Insgesamt beträgt der Wert der 2016 neu erteilten Bewilligungen 1,2 Milliarden Franken und jener der bewilligten Gesuche 2,2 Milliarden Franken. Material aus bewilligten Gesuchen gelangt teilweise erst im Folgejahr zur Ausfuhr. Häufig kommt das Geschäft auch nicht zustande.

Es sei daher zu früh, um von einer Trendwende zu sprechen, sagte Plüss. Wegen der Ausfuhrbestimmungen könne die Schweizer Rüstungsindustrie den Rückgang in Europa nicht mit Asien wettmachen. Hinzu komme der starke Franken.

International gewinnt der asiatische Markt, zu dem Saudi-Arabien gehört, an Bedeutung. Die Schweiz verzeichnete im vergangenen Jahr für diesen Markt ein Minus von rund 30 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte aller Ausfuhren ging 2016 nach Europa, rund ein Viertel nach Asien. Auf Amerika entfielen rund 11 Prozent der Ausfuhren. Markant angestiegen sind die Exporte nach Afrika (+207 Prozent).

Dafür verantwortlich ist vor allem Südafrika. Das Land bestellte im letzten Jahr Kriegsmaterial im Wert von 51,3 Millionen Franken. Damit stieg der afrikanische Staat zum zweitgrössten Kunden der Schweizer Rüstungsindustrie auf. Der wichtigste Empfängerstaat blieb Deutschland mit Lieferungen im Wert von 93,2 Millionen Franken, an dritter Stelle lag Indien (34,6), gefolgt von den USA (32,1) und Pakistan (25,5).

Abgelehnt wurden im vergangenen Jahr 29 Ausfuhrgesuche im Wert von 17,4 Millionen Franken. Gemäss dem am Montag veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri rangiert die Schweiz indes auf Platz 14 der grössten Waffenexporteure.

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) kritisiert denn auch, die Exporte seien nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Vor allem die Ausfuhren in die Golfregion bezeichnet sie als «höchst bedenklich». Im Frühling will die GSoA eine Volksinitiative lancieren für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten.

Die Rüstungsindustrie dagegen kritisiert die geltende Exportbewilligungspraxis als «unverhältnismässig restriktiv». Gepaart mit dem starken Franken sei die Praxis für die Rüstungsindustrie «eine existenzielle Bedrohung», schreibt der Arbeitskreis Sicherheit und Wehrtechnik, eine Interessengruppe der Branche. Die Schweizer Anbieter seien im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten massiv benachteiligt.

veröffentlicht: 21. Februar 2017 10:00
aktualisiert: 21. Februar 2017 13:20
Quelle: SDA

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