Der Sprung ins Schokoladenmeer

30.03.2017, 17:20 Uhr
· Online seit 30.03.2017, 16:03 Uhr
Eine Welt für grosse und kleine Kinder: Maestrani eröffnet am kommendem Wochenende die Schokoladen Erlebniswelt «Chocolarium» in Flawil. Eine Welt - natürlich - voll von Schokolade. Man kann selber melken, Schokolade probieren und eine eigene Schokolade kreieren. Leider bleibt der ganz grosse Wow-Effekt aus.
Lara Abderhalden
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Ein Meer aus Schokolade, in dem man mit einem Boot über Schokoladen-Wasserfälle fahren kann, in einem Schokoladenbad schwimmen oder ein Haus ganz aus Schokoladen – dies ungefähr die Vorstellungen, die ein Kind von einer Schokoladenwelt hat.

Für mich als grosses Kind waren die Erwartungen an die neue Schokoladen-Erlebniswelt der Maestrani in Flawil entsprechend gross. 17 Monate lang wurde an der Wunderwelt gearbeitet, insgesamt 10 Millionen Franken investiert. Nun ist sie aus der Erde gestampft. Taugt sie auch für eine Flucht in die süssesten Schokoladenträume der Kinder?

So viel Glück

«Wir haben den Frosch lange beobachtet, wie er vor dem Teich stand, nun ist er also endlich hinein gesprungen», sagt der Maestrani-CEO Markus Vettiger, «ein unglaubliches Gefühl.» Gemeinsam mit dem St.Galler Regierungsrat Bruno Damann und Verwaltungsratspräsident Randolf Hanslin schneidet er das rote Band durch. «Herzlich Willkommen», sagt Randolf Hanslin.

Die Medienschaffenden stürmen durch die Türen. Überall an den Wänden stehen Weisheiten zum Thema Glück. Allgemein hat man das Gefühl mitten in einem Buch für Lebensweisheiten zu stecken. «Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt», prangt über dem Eingang, durch den sich die Massen zwängen.

Eine Kuh melken

Als erstes wird ein Film über die Schokoladenherstellung gezeigt. Also eigentlich ist es eher ein Film über das Suchen und Finden des Glücks, gespickt mit dem Fachwissen eines Glücksforschers. Nach dieser zuckersüssen Vorstellung gelangt man in den Raum der Rohstoffe. Die einzelnen Bestandteile der Schokolade werden dort ausgestellt.

«Wir wollen kein Schokoladenmuseum sein», sagt Markus Vettiger. «Bei uns muss man Naschen und die Dinge anfassen können.» Und das kann man auch. Euter laden dazu ein, eine virtuelle Kuh zu melken. Diese gibt befriedigte Muh-Laute von sich und es tröpfelt Milch aus den Eutern. Man kann rohen Kakao probieren - schmeckt übrigens schrecklich - und sich an Computern die Schokoladenproduktion erklären lassen.

Ein Gang führt durch die Schokoladenfabrik. Man kann den Arbeitern durch Scheiben bei der Büez zuschauen: «Aus hygienischen Gründen dürfen wir keine Führungen durch die Fabrik selber machen. Die Besucherterrassen bieten aber einen einzigartigen Blick auf die Produktion». Naja, so einzigartig ist dieser nicht, kaum einmal sieht man wie die Schokolade fliesst oder tatsächlich zubereitet wird. Dennoch hat es während der ganzen Führung überall Behälter mit Schoko-Riegeln zum Probieren.

Es grüsst der Globi

Das Herzstück der Schokoladenwelt ist das Labor. Dort dürfen keine Fotos gemacht werden: «Wir wollen das geheim halten.» Betritt man den Raum sieht man ganz viele Schokoladen-Marienkäfer und Kleeblätter. Am Rande reihen sich Schokoladenbrunnen. Endlich! Fliessende Schokolade! Leider sind die Brunnen nicht ganz so gross wie erwartet, dennoch kann man den Finger darunter halten und sich eine Portion Schokolade gönnen.

Im nächsten Raum dann der wohl berühmteste Schnabel der Schweiz und der Traum aller Kinder: Globi! Ein echter Globi begrüsst mit einem starken Händedruck und springt im ganzen Raum auf und ab. Im Hintergrund hört man die Musik des Zürcher Kammerorchesters, dieses hat extra für die Erlebniswelt ein Globi-Konzert komponiert.

Am Schluss der Schokoladenwelt kann man seine eigene Schokolade zusammenstellen. Es gibt verschiedene Behälter mit Sträusel oder Smarties die der Schokolade beigefügt werden können. Die ganze Führung ist von Globi geprägt. So kann man Globi beispielsweise durch ein Fernrohr draussen suchen. «Wir haben eine Zusammenarbeit mit Orell Füessli. Globi soll vor allem den Kindern verständlich erklären, wie die Maestrani-Schoggi entsteht.»

Wow-Effekt bleibt aus

Die neue Maestrani-Schokoladenwelt ist bunt und man darf viel, ja sehr viel naschen, aber das ganz grosse Wow-Erlebnis bleibt aus. Zu selten muss man wirklich staunen. Die Träume von flüssiger Schokoladen und Schokoladenhäuschen werden erstickt durch eine Flut von Informationen. Zu weit weg ist man vom eigentlichen Produktionsprozess. Man fühlt sich eher an eine Klassenfahrt erinnert, bei der mann in Zweierkolonne durch die Gegend läuft, als an eine abenteuerliche Reise in Charlies Schokoladenfabrik. Den Eintrittspreis von 14 Franken für Erwachsene (34 Franken für Familien) kann man immerhin mit Schoggibrügeli à discrétion heraus schlagen.

Markus Vettiger hingegen ist happy: «Ich stelle fest, dass die Leute hier herein kommen, grosse Augen machen und sagen, wow, das hätte ich nicht erwartet.»

FC Basel statt FC St.Gallen

Nicht erwartet hätten einige Ostschweizer Besucher auch nicht, dass Maestrani in Zukunft auch Fussballspieler in die Erlebniswelt einladen will. Nicht irgendwelche Spieler, sondern Spieler des FC Basels: «Wir haben auch mit dem FC St.Gallen gesprochen, mehrere Male. Der FC Basel ist aber auf uns zugekommen und da dachten wir, wir machen die beste Schokolade, da brauchen wir auch den besten Fussballclub der Schweiz.»

Konkurrenz zu Kägi Fret?

Ist es die beste Schokolade der Schweiz? Die Quelle des Glücks? Auch Kägi Fret nutzt den Slogan «Glück ist ein Kägi». Auch im Toggenburg dreht sich alles um das Thema Glück. Wem glaubt man nun mehr? «Ich kann Ihnen sagen, dass Minor 1936 kreiert worden ist und schon damals hiess es ‘Minor ist ein Stück Glück’. Die Firma Kägi hat diesen Slogan leider übernommen vor ungefähr drei Jahren. Das finde ich nicht sehr kreativ», sagt Markus Vettiger.

Wütend macht dies den Schoggi-Chef aber nicht: «Wir haben genügend Grösse, wir wissen was wir können und in der Vergangenheit gemacht haben. Wenn uns jemand kopieren will, dann haben wir es wohl nicht schlecht gemacht in der Vergangenheit.»

Welche Schokoladenfabrik die grösseren Glücksgefühle auslöst, sei jedem selbst überlassen. Aus schwimmen in Schoggi-Teichen und knabbern an Schokoladenhäusschen wurde in der Erlebniswelt leider nichts. Dennoch, wer gerne Schokolade hat und die Finger in Schokoladensauce stecken will, der fühlt sich bei der Maestrani bestimmt wie im Paradies.
veröffentlicht: 30. März 2017 16:03
aktualisiert: 30. März 2017 17:20
Quelle: abl

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