Die wieder intakte Welt der Lara Gut

23.11.2017, 05:59 Uhr
· Online seit 23.11.2017, 03:18 Uhr
Lara Gut geht es wieder gut. Die Tessinerin erfüllt ihr persönliches Plansoll nach der schweren Knieverletzung. Die letzte Phase der Vorbereitung verläuft ohne Komplikationen.
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Lediglich 40 Sekunden hatte der erste rennmässige Einsatz nach der langen Zwangspause gedauert, Ende Oktober auf dem Rettenbach-Gletscher oberhalb von Sölden. Lara Gut verpasste im ersten Lauf des Riesenslaloms ein Tor. Kurz war die Fahrt, aber lange genug, um Erkenntnisse zu liefern, die für die letzte Phase der Vorbereitung, für den gesamten Olympia-Winter und möglicherweise für die sportliche Zukunft der Tessinerin von grosser Bedeutung waren. Lara Gut fand auf die wichtigste Frage die erhoffte Antwort: Das linke Knie hielt der Belastung auch im Renn-Modus stand. Der kurzfristig gefasste Entscheid, früher als geplant in den Weltcup zurückzukehren, war richtig.

Lara Gut konnte durchatmen, sich freuen und Sölden mit einem Lächeln verlassen. Die Gewähr, dass der im Februar an der WM in St. Moritz beim Einfahren für den Kombinations-Slalom erlittene Kreuzbandriss keine Probleme mehr bereitet, und die Bestätigung der in den vorangegangenen Trainings gewonnenen Eindrücke machten sie glücklich und zufrieden.

Diese innere Zufriedenheit war in Sölden aus jedem Wort zu spüren. Und Lara Gut musste viel reden an jenem Samstagmorgen. Es war der zweite Test, dem sie sich zu stellen hatte. Der mediale Marathon kam nach der acht Monate dauernden Absenz der ersten Annäherung an den Alltag gleich, der die Skirennfahrerin Lara Gut fordert, der sie zuletzt zuweilen überfordert hat.

Während der Rekonvaleszenz gab es nicht nur den Kraft- und den Therapieraum. Die Tessinerin nutzte die (Aus-)Zeit, um wieder zu sich zu finden, ihr Leben zwischen Spitzensport und Privatsphäre ins Lot zu bringen. Die Erkenntnis, seit dem Aufstieg in die Weltelite nur mehr als Athletin wahrgenommen worden zu sein, bewegte sie zum Umdenken. Lara Gut zog sich zurück, die Öffentlichkeit hatte sie zur Tabu-Zone erklärt. Doch in Sölden hegte Lara Gut nicht einmal im Ansatz Gedanken an einen stillen Abgang.

Die Gewissheit, die Knieverletzung ohne Folgeschäden überstanden zu haben, sorgte für gute Laune und dafür, dass die nicht sonderlich geliebte Pflichtaufgabe keine lästige war. Diese Gewissheit bringt schliesslich Sicherheit, auf der wiederum das Selbstvertrauen basiert. Lara Gut trägt die für eine erfolgreiche Karriere mitentscheidenden Elemente wieder mit sich.

Als weiteren wichtigen Faktor sieht die 26-Jährige das Gleichgewicht «zwischen dem, was ich von meinem Körper verlange und dem, was ich meinem Körper zurückgebe». Lara Gut hat diese Balance gefunden, die ihr nach der schweren Verletzung Fortschritte in der täglichen Arbeit garantiert. «Ich merke, dass ich immer wieder Schritte vorwärts mache in Bezug auf die Kraft, die Schnellkraft und auf die Natürlichkeit der Bewegungen.» Der Umgang mit dem linken Knie werde immer einfacher, immer normaler. «Es fühlt sich wieder fast so an wie das rechte Knie.»

Lara Gut sagt dies rund drei Wochen nach ihrem Start in Sölden, den nächsten Einsatz am Samstag im Weltcup-Riesenslalom in Killington im US-Bundesstaat Vermont vor Augen. Und wieder dringt bei ihr die Zufriedenheit durch. Was will sie auch anders als glücklich sein nach den erneut nach Plan verlaufenen Trainings. Sie berichtet von den vier Tagen mit der Schweizer Frauen-Equipe in Saas Fee, wo Läufe in Abfahrt und Super-G im Programm gestanden haben. Sie erzählt davon, sich im Springen geübt zu haben. Und von Trainings bei bewusst schwierigen Pistenverhältnissen.

Dem Abstecher nach Saas Fee folgten zwei Einheiten in Italien, in denen das Schwergewicht auf dem Riesenslalom lag, in denen Lara Gut aber auch ein bisschen Slalom trainierte. Wiederum stellten die Bedingungen auf einer gewässerten und mit Schlägen versetzten Strecke eine besondere Herausforderung dar.

Die Anreise nach Killington im Osten der USA zögerte Lara Gut auf den letztmöglichen Termin hinaus. «Ich wusste ja nicht, wie das (operierte) Knie auf die Belastungen reagieren würde. Ich wollte deshalb in der Nähe meines Physiotherapeuten sein.» Den Entscheid hatten sie und ihr Team bereits im Sommer gefällt und daran festgehalten, weil in der Schweiz und Umgebung die besseren Bedingungen herrschten. «Das wollten wir nutzen. Es war ein guter Entscheid.» Es war ein Entschluss, der perfekt passt in die wieder intakte Welt der Lara Gut.

veröffentlicht: 23. November 2017 03:18
aktualisiert: 23. November 2017 05:59
Quelle: SDA

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