Hatten El-Bakraoui-Brüder ein AKW im Visier?

24.03.2016, 12:42 Uhr
· Online seit 23.03.2016, 06:51 Uhr
Laut belgischen Medien haben die El-Bakraoui-Brüder einen Atomforscher beobachtet. 400 Terroristen sollen von der Terrormiliz Islamischer Staat für Anschläge in Europa ausgebildet worden sein. Zudem wird nach einem vierten mutmasslichen Attentäter gesucht.
Lara Abderhalden
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 AKTUELLER STAND

  • Hatten die El-Bakraoui-Brüder ein AKW im Visier? Oder wollten sie Material für eine schmutzige Bombe besorgen? Diese Fragen wirft eine belgische Zeitung auf. So sollen die Attentäter einen Nuklearforschungsdirektor mit heimlich installierten Kameras ausspioniert haben.
  • Gemäss belgischen Medien soll es in der Metro mehrere Attentäter gegeben haben. Die Polizei sucht einen weiteren Mann, der zusammen mit El Bakraoui auf Aufnahmen der Überwachungskameras zu sehen sei. Der zweite Mann trug eine grosse Tasche. Ob er ebenfalls beim Attentat starb, ist unklar.
  • Der «Islamische Staat» soll 400 Kämpfer ausgebildet haben, um diese nach Europa zu schicken.  Laut der Nachrichtenagentur AP sollen diese Länder in mehreren Wellen angreifen. Es soll spezielle Ausbildungscamps für Anschläge im Westen geben.
  • Offizielle Quellen teilten der Nachrichtenagentur zufolge mit, den Kämpfern sein angeordnet worden, den richtige Zeitpunkt, den richtigen Ort und die passende Methode für die Anschläge zu finden.
  • Nach Angaben des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist einer der Attentäter von Brüssel im vergangenen Jahr aus der Türkei ausgewiesen worden. Die belgischen Behörden hätten den Mann nach der Ausweisung im Juli aber trotz der Warnungen der Türkei freigelassen. Um welchen der drei Attentäter es sich bei dem Ausgewiesenen handelt, hat Erdogan nicht bekannt gegeben.
  • Zwei der Attentäter sind bisher identifiziert: Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw bestätigte am Mittwoch in Brüssel, dass es sich um die Brüder Ibrahim und Khalid El Bakraoui handelt. Beide waren belgische Staatsbürger und wegen verschiedener Taten polizeibekannt, standen aber in Belgien nicht unter Terrorverdacht.
  • Die belgische Polizei dementiert die Festnahme des dritten Brüssel-Attentäters. Die belgische Zeitung «La Dernière Heure» hat zuvor gemeldet, der dritte Attentäter sei festgenommen worden. Wie die belgische Polizei in einer Medienkonferenz mitteilt, ist die Identität des dritten Attentäters nach wie vor nicht bekannt.
  • Als einziges bekannt, sei die Identität der beiden Selbstmordattentäters Ibrahim EL Bakraoui und seinem Bruder Khalid El Bakraoui. In Ibrahims Laptop wurde ein Testament sichergestellt.

 

WAS WIR WISSEN

Tat: Kurz nach 8.00 Uhr gab es am Flughafen in Brüssel-Zaventem zwei Explosionen. Dabei kamen 14 Menschen ums Leben, ungefähr 100 wurden verletzt. Eine Stunde später gab es in der Metro-Station Maelbeek im EU-Viertel einen weiteren Anschlag mit mindestens 20 Toten und über 130 Verletzten.

Auswirkungen: Nach den Anschlägen stand Brüssel komplett still. Die Menschen wurden aufgefordert in ihren Häusern zu bleiben und öffentliche Gebäude zu vermeiden. Um 16.30 Uhr gestern gab die Polizei Entwarnung. Die Menschen durften wieder nach draussen. Der Nahverkehr läuft wieder allerdings bleibt der Flughafen auch heute, Mittwoch, geschlossen.

Täter: Bisher bestätigt die Polizei die Identität von zwei Attentätern. Dabei handelt es sich um Ibrahim El Bakraoui und seinen Bruder Khalid El Bakraoui. In Ibrahims Laptop wurde ein Testament gefunden. Die Identität des dritten Attentäters ist nach wie vor nicht bekannt. Dieser befindet sich laut der belgischen Polizei noch immer auf der Flucht. Die beiden Selbstmordattentäter sind beim Anschlag ums Leben gekommen.

 


Opfer: Hinweise auf Schweizer Opfer gibt es nicht. Grosses Glück hatte eine Klasse von Freiburger Kantonsschülern. Sie waren auf der gleichen Metro-Linie in Brüssel unterwegs, auf der es zum Anschlag kam. Die 19 Schüler konnten, gemäss SRF unverletzt ins Hotel zurückkehren.

Bomben: Die Bomben, die detoniert sind, waren offenbar mit Nägeln gespickt. Das zeige das Verletzungsbild, sagt Marc Decramer, Chef der Universitätsklinik Leuven, der belgischen Zeitung “Het Laatste Nieuws“. Die Klinik behandelte mehrere Schwerverletzte. Das Ziel von “Nagelbomben” ist es, möglichst viele Personen zu verletzen.

DIESE FRAGEN BESCHÄFTIGTEN

Wie lange bleibt Brüssel im Ausnahmezustand?

Der öffentliche Nahverkehr kommt langsam wieder in Gang. Tramlinien sowie Busse waren gestern Abend wieder im Einsatz. Die Metro werde den Betrieb voraussichtlich heute wieder aufnehmen. Vereinzelt rollten Züge wieder an. Die Bahnhöfe im EU-Viertel sowie der Flughafenbahnhof waren aber vorerst noch nicht wieder in Betrieb. Auch der Flughafen bleibt vorübergehend heute noch geschlossen.

Müssen wir mit weiteren Anschlägen rechnen?

Im Moment gilt: Anschläge können in ganz Europa passieren. Die US-Regierung warnt ihre Bürger davor, nach Europa zu reisen. Diejenigen, die schon dort sind, werden aufgefordert grosse Sportveranstaltungen, Touristenattraktionen, Restaurants, Busse und Bahnen zu meiden. Die Warnung gilt zunächst bis zum 20. Juni.

Können auch in der Schweiz solche Anschläge passieren?

Das Bundesamt für Polizei steht in Kontakt mit den belgischen Behörden. Zur Zeit gebe es keine Hinweise auf einen Schweizer Bezug. Unter den Opfern ist auch kein Schweizer Staatsbürger. Die Kontrollen an den Grenzen werden dennoch erhöht. Es werden mehr Kontrollen an Bahnhöfen und in Zügen durchgeführt. Auch an internationalen Flughäfen werden die Kontrollen erhöht. Im Moment bestehe aber keine akute Gefahr.

Kann man im Moment nach Brüssel reisen?

Schaut man die Zugverbindungen im Internet nach, so verkehren alle Züge wie gewöhnlich. Eine Reise nach Brüssel mit dem Zug ist also möglich. Mit dem Flugzeug ist es jedoch vorerst nicht möglich, nach Brüssel zu kommen. Die Swiss schreibt auf ihrer Homepage «Flüge von und nach Brüssel sind annulliert. Der Betrieb am Flughafen Brüssel-Zaventem ist eingestellt.»

Warum wurde genau Brüssel angegriffen?

Hängen die Bluttaten mit der Festnahme eines der mutmasslichen Drahtzieher der Anschläge von Paris, Salah Abdeslam, am Freitag in Brüssel zusammen? Haben Extremisten die offensichtlich genau geplanten Attentate danach vielleicht vorgezogen? Dies sind Fragen die noch offen sind. Ob tatsächlich die Terrorzelle um Abdeslam dahintersteckt, ist noch nicht bekannt. Zwei seiner Komplizen, Najim Laachraoui und Mohamed Abrini, werden namentlich gesucht. «Für den Augenblick ist es nicht möglich, eine formale Verbindung zu den Anschlägen von Paris herzustellen», sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz.

(red/abl/SDA)

 

 

 

veröffentlicht: 23. März 2016 06:51
aktualisiert: 24. März 2016 12:42

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