Ein Hitzkopf, ein verkappter Pilot und ein vielbeschäftigter Filmer

03.07.2016, 10:47 Uhr
· Online seit 03.07.2016, 10:22 Uhr
Islands Stammspieler weisen überaus interessante Biographien auf. Sie sind allesamt Fussball-Profis, gelangten aber auf teils abenteuerlichem Weg zum Ziel.
Claudia Amann
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Hannes Halldorsson (32-jährig, Klub Nijmegen/NED): Bis 2005 noch Hobby-Goalie und 105 kg schwer, bis vor zwei Jahren überaus kreativer Filmregisseur. Er fertigte 2012 den Videoclip zu Islands Beitrag am Eurovision Song Contest. Ein Jahr später als Familienvater, Fussball- und Videoprofi am Rande eines Burnouts. «Meine Geschichten haben immer nach langem Anlauf einen kurzen Stopp nach zwei Dritteln. Dann geht es weiter», sagte er vor der EM.

Birkir Saevarsson (31, Hammarby/SWE): Vierfacher Familienvater, aufgrund seiner Läufe auf der rechten Aussenbahn mit dem Übernamen «Wind». Wollte als 17-Jähriger Berufspilot werden, weil er es nicht in die erste Mannschaft von Valur Reykjavik geschafft hatte. Verschob den Plan auf sein Ende der Karriere, obwohl er eher Fliegen als Autofahren gelernt hatte.

Kari Arnason (33, Malmö/SWE): Vermutlich gebildetster Stammspieler. Schloss via Fernstudium eine Master-Ausbildung in Business Studies mit dem Thema «mögliche Korruption in Englands Fussball ab». Zog einen Profivertrag bei Djurgarden einem Universitätsplatz in den USA vor. In der letzten Saison mit Malmö als Captain mit einem Torverhältnis von 1:21, unter anderem wegen eines 0:8 bei Real Madrid, als Gruppenletzter in der Champions League ausgeschieden.

Ragnar Sigurdsson (30, FK Krasnodar/RUS): Eisenharter Innenverteidiger, mag keine halben Sachen und erst recht nicht die Erscheinungen des modernen Fussballs, in dem es ihm zufolge um das Zeigen von Muskeln und schönen Frisuren und um das Schinden von Penaltys geht. Verdient sein Geld in Russlands höchster Liga. Hat als einziger jede Minute in der EM-Qualifikation 2016 bestritten.

Ari Skulason (29, Odense/DEN): Temperamentvoller Linksverteidiger, war Captain von Sundsvall und ist es aktuell auch bei Odense. Seine Nerven hat(te) der Hitzkopf nicht immer im Griff. Wurde nach einem Ausraster in einem Ligaspiel ins Juniorentraining versetzt, musste einen Anti-Aggressions-Kurs besuchen. Wurde im Nationalteam vom Mittelfeldspieler zum Aussenverteidiger umfunktioniert.

Johann Berg Gudmundsson (25, Charlton Athletic/ENG): Ist der Schweiz noch in schlechter Erinnerung als dreifacher Torschütze beim 4:4 im Stade de Suisse in der WM-Qualifikation. Wird seither «Joey Bern» genannt. Absolvierte als Teenager Probetrainings bei Fulham und Chelsea, stieg in der letzten Saison mit Charlton Athletic in die dritthöchste Liga Englands ab.

Aron Gunnarsson (27, Cardiff City/WAL): Bärtiger, volltätowierter, mit einem Fitness-Model verheirateter Cliché-Isländer, beim «Huh» mit den Fans als Captain der Vorklatscher vor der Kurve. Bei Cardiff City in der englischen Championship nicht Stammspieler, im Nationalteam unbestritten. Hätte wie sein älterer Bruder Arnor (beim Bergischen HC in Deutschland) Handball-Profi werden können. Die weiten Einwürfe sind der Vergangenheit geschuldet.

Gylfi Sigurdsson (26, Swansea City): Zog als 15-Jähriger mit seiner Familie nach England, um Profi werden zu können. Besitzt eine Immobilien-Firma in Island und ist Vorstandsmitglied im Fischerei-Geschäft seines Vaters. Dürfte in der Premier League im Sommer für viel Geld den Verein wechseln. Mit der Miss Island 2008 liiert, das Paar gilt als die «isländischen Beckhams».

Birkir Bjarnason (28, Basel): Wechselte als 11-Jähriger nach Norwegen. Entschied sich ab der U17, Islands Farben zu vertreten. Wird in Anlehnung an sein typisch nordisches Aussehen «Thor» genannt, gilt als Frauenschwarm. Bereits sein Vater Bjarni Sveinbjörnsson war Nationalspieler.

Jon Dadi Bödvarsson (24, Kaiserslautern): Beschert seinem aktuellen Arbeitgeber durch die Abstellung für die EM und das Weiterkommen Einnahmen von rund 150'000 Euro. Setzt sich, initiiert von seiner Mutter, für finanziell benachteiligte und Fussball-begeisterte Kinder in seinem Heimatstädtchen Selfoss ein.

Kolbeinn Sigthorsson (26, Nantes): Wortspiele mit seinem Nachnamen wie nach dem 2:1 im Achtelfinal gegen England funktionieren nur auf deutsch. Vor der EM bei Nantes für «zu langsam» und «zu dick» befunden. Im Nationalteam (noch) zweitbester Torschütze der Verbandsgeschichte. Zum Rekord (26) fehlen noch fünf Treffer. Sein älterer Bruder Andri ist sein Berater, die Bäckerei-Kette seines Vaters ist einer der Hauptsponsoren des Verbandes.

veröffentlicht: 3. Juli 2016 10:22
aktualisiert: 3. Juli 2016 10:47
Quelle: SDA

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