«Ein mutloser Gesetzesentwurf»

· Online seit 28.10.2016, 16:01 Uhr
Der Regierunsgrat will weder ein Verhüllungsverbot in der Öffentlichkeit noch das Kopftuch aus den Klassenzimmern verbannen. Für die Schulgemeinden lässt er allerdings ein Hintertürchen offen. Für die zwei neuen Gesetzesvorschläge erntet er Kritik von rechts und links.
Angela Mueller
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«Ich persönlich stehe der Gesetzesänderung für die Volksschule skeptisch gegenüber», sagt Peter Hartmann, Fraktionspräsident der SP/Grüne im Kantonsrat. Und auch SVP-Kantonsrat Mike Egger ist nicht zufrieden: «Der neue Gesetzesentwurf der Regierung ist mutlos.»

Mit dem Gesetzesentwurf für das Kopftuch orientiert sich der Regierungsrat am Bundesgerichtsentscheid vom Dezember 2015. Die Eltern eines muslimischen Mädchens aus St.Margrethen hatten das Koptuchtrageverbot an der Schule eingeklagt und vom Bundesgericht Recht bekommen.

Keine Grundrechte tangieren

Deshalb kam ein generelles Kopftuchverbot für die Schule, wie es die SVP verlangt hatte, nicht in Frage: «Wir können nur etwas gesetzlich festlegen, was die Grundrechte nicht tangiert», sagt Martin Klöti, Regierungspräsident (FDP).

Doch ein wenig kommt der Regierungsrat den Rechten entgegen: Bekleidung, die den Unterricht stören oder den Schulfrieden gefährden, dürfen von den Schulen weiterhin verboten werden.

Zum Leid der Linken: «Dieser Passus führt dazu, dass es innerhalb der Schulgemeinden wieder zu Diskussion kommen wird, über Sinn und Unsinn von Bekleidungsvorschriften, insbesondere dem Kopftuchverbot», sagt Hartmann.  Er befürchtet, dass dies «wieder zu endlosen Gerichtsverhandlungen führen wird. Die Schulgemeinden sind gut beraten, sehr vorsichtig damit zu sein.»

Kopftuch und Integration

Mike Egger hingegen bedauert, dass es für Schulen in Zukunft schwierig wird, ein Kopftuchverbot auszusprechen. «Für die Integration muss man sich den Sitten des Landes anpassen», sagt Egger. Er ist jedoch noch aus einem anderen Grund enttäuscht: «Das Kopftuch bedeutet die Unterdrückung der Frau und dies wird nun von Gesetzeswegen unterstützt.»

Auch unzufrieden ist er mit dem Verhüllungsverbot. Grundsätzlich will die Regierung weder Burka noch Niqab in der Öffentlichkeit verbieten. Sie hält aber fest, dass im Umgang mit Ämtern und Behörden das Gesicht gezeigt werden muss. «Dieses Verhüllungsverbot ist eine Schönrederei, es kann nicht sein, dass das Verbot nur im Umgang mit Ämtern und Behörden gilt - nicht aber generell.»

Kaum Burka- und Niqab-Trägerinnen

Martin Klöti begründet dies so: «Wir suchen einen gangbaren Weg für den Kanton St.Gallen. Bei uns sind es praktisch nur Touristinnen, die eine solche Verhüllung tragen und diese verlassen den Kanton nach einem kurzen Besuch wieder. Wichtig ist aber, dass man im Umgang mit den Behörden ein griffiges Gesetz hat.»

Für Hartmann ist klar: «Das war bisher überhaupt kein Problem, wenn die Regierung nun eine Regelung dazu vorschlägt, ist dies wie ein Placebo - aber auch die können positive Wirkungen haben.» Die Vernehmlassungsfrist für die zwei Gesetzesvorschläge der Regierung läuft nun bis Ende Jahr.

veröffentlicht: 28. Oktober 2016 16:01
aktualisiert: 28. Oktober 2016 16:01

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