Erinnerungen an Torino und Manchester United

· Online seit 29.11.2016, 10:34 Uhr
Nach dem Absturz eines Flugzeugs mit der brasilianischen Fussballmannschaft Chapecoense kommen Erinnerungen an die Unglücke von Superga 1949 und München 1958 auf.
René Rödiger
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Die AC Turin wurde in den 1940er-Jahren «Grande Torino» genannt. Die Mannschaft war die mit grossem Abstand stärkste Mannschaft Italiens. Die Spieler waren so überragend, dass sie sogar zeitweise fast die ganze Nationalmannschaft stellten.

Fünf Mal in Serie gewann «Il Grande Torino» die Meisterschaft. Die «Granata» war zu Hause eine Macht: Sechs Jahre lang verloren die Weinroten nicht im eigenen Stadion «Filadelfia».

Und plötzlich war diese Wundermannschaft ausgelöscht. Bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Es war der 4. Mai 1949, als die AC Turin von einem Freundschaftsspiel aus Lissabon zurückkehrte. Die Meisterschaft in Italien war zu diesem Zeitpunkt, fünf Spieltage vor Ende, schon lange entschieden, Torino einmal mehr Meister.

Zu tief angeflogen

Das Wetter war schlecht an diesem späten Nachmittag, dichter Nebel verdeckte dem Piloten die Sicht. Das Flugzeug flog viel zu tief Turin an und zerschellte am «Superga», dem Hausberg der Stadt. 18 Spieler kamen ums Leben.

Wie traumatisch dieses Erlebnis nicht nur für die ganze Stadt war, beschreibt der Journalist Dominic Bliss eindrücklich in seinem Buch «Erbstein: The triumph and tragedy of football's forgotten pioneer»: Die Tochter des technischen Direktors Ernő Erbstein, eine Tänzerin, sass im Zug zu einem Vorsprechen in Paris, als plötzlich der ganze Bahnhof in Aufregung verfiel. Extrablätter wurden verteilt, die Nachricht über den Absturz am Superga machte die Runde. Wildfremde Menschen umarmten sich, Tränen flossen nicht nur bei der Tochter Erbsteins.

Mit einem System an die Spitze

Wie lange die Dominanz der Turiner Mannschaft von damals noch angehalten hätte, ist umstritten. Klar ist, dass Erbstein die Taktik nach Italien gebracht hat. Der Ungar suchte in England nach einem Spielsystem und wurde fündig: Zwei Verteidiger und drei defensive Mittelfeldspieler bildeten ein «W», drei offensive Mittelfeldspieler und zwei Stürmer ein «M». Mit dem WM-System wurde Turin zu einer Macht.

Die überragende «Grande Torino» wurde durch den Flugzeugabsturz von Superga endgültig zur Legende. Nur drei Spieler überlebten - sie verzichteten auf die Reise nach Lissabon.

Vom einstigen Glanz ist nicht mehr viel übrig. Die Mannschaft konnte letztmals 1976 den «Scudetto» gewinnen. 1992 gewann man den Cup. Als FC Turin spielt der Club heute immer wieder gegen den Abstieg aus der Serie A, derzeit steht die «Granata» nach 14 Spieltagen auf Rang 6.

Das Ende der «Busby Babes»

Neun Jahre nach dem Unglück von Superga traf es eine andere Fussballmannschaft. Manchester United erreichte mit einem 3:3 bei Roter Stern Belgrad das Halbfinale des Europapokals und befand sich auf dem Rückflug auf die Insel. Die «Busby Babes», benannt nach dem Erfolgstrainer Matt Busby, landeten in München zwischen. Es war der 6. Februar 1958.

Der Pilot hatte Mühe, auf der schneebedeckten Rollbahn des Münchner Flughafens Riem zu starten. Der dritte Startversuch endete in der Katastrophe. Der Pilot konnte nicht die gewünschte Geschwindigkeit erreichen, an Abbremsen war jedoch auch nicht mehr zu denken. Der erfahrene Pilot versucht zu retten: Er zieht das Fahrwerk ein und gab Vollgas. Zu spät. Das Flugzeug durchschlug den Begrenzungszaun, streifte ein Haus, die Tragfläche fing Feuer. Das Heck traf einen Baum und brach ab.

In Panik versuchen die Passagiere das Feuer zu löschen. 23 der 43 Flugzeuginsassen kamen ums Leben, darunter auch acht Spieler von Manchester United. Unter den Überlebenden befand sich auch der legendäre Bobby Charlton, der die englische Nationalmannschaft acht Jahre später zum bisher einzigen Weltmeistertitel führte.

Trainer Matt Busby, der das Unglück ebenfalls überlebte, baute eine neue Mannschaft auf, der Erfolg kam jedoch erst 1963 mit dem Gewinn des FA-Cups ins Old Trafford zurück.

veröffentlicht: 29. November 2016 10:34
aktualisiert: 29. November 2016 10:34
Quelle: rr

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