Friede, Freude, Eierkuchen an der GV
Es war die Überraschung des Abends: Von den 351 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären an der Generalversammlung der FC St.Gallen AG ergriff niemand die Gelegenheit, um am Mikrofon des Rednerpults Kritik zu üben. Dabei war in Anbetracht der sportlichen Situation im Vorfeld damit gerechnet worden, dass insbesondere Trainer Joe Zinnbauer ins Visier des grün-weissen Umfelds geraten könnte. Dieser war zwar im Gossauer Fürstenlandsaal persönlich vor Ort, wurde im Verlauf der gesamten Versammlung aber in keinem einzigen Wort erwähnt.
Die eigene Mannschaft ausgeladen
Die Verantwortlichen hatten sich im Vorfeld bereits für das Schlimmste gewappnet: Die Mannschaft wurde kurzfristig ausgeladen, um allfälligen Spannungen und Anfeindungen vorzubeugen - ein Novum in der Geschichte der St.Galler Generalversammlungen. «Wir möchten in Anbetracht der Situation die Spieler den Negativäusserungen nicht aussetzen. Wir hoffen, Sie haben Verständnis dafür», sagte Präsident Dölf Früh dazu am Rednerpult.
Die sportliche Tristesse beim Tabellenschlusslicht der Super League war nur in den ersten Minuten der Versammlung ein Thema. «Im Fokus steht heute die erste Mannschaft. Es brennt uns allen unter den Fingernägeln, weshalb es nicht aufwärts geht. Wir können damit nicht zufrieden sein.» Es sei aber nicht alles schlecht gewesen, man habe auch gute Spiele abgeliefert, so Früh, der zugleich dazu aufforderte, dem Verwaltungsrat weiter zu vertrauen. «Wir werden gemeinsam hart arbeiten, um die Erfolge zu feiern, die der FC St.Gallen verdient.»
Weiter appellierte Dölf Früh an den Stolz der Anwesenden, versuchte darzulegen, wie erfolgreich hinter den Kulissen gearbeitet werde. Als Positivbeispiel wurde unter anderem die Nachwuchsabteilung Future Champs Ostschweiz (FCO) angeführt, die allen Grund zur Zuversicht gebe.
Eine schwarze Null, aber...
Sämtliche Traktanden blieben unumstritten. Die Jahresrechnung wurde praktisch ohne Gegenstimmen abgesegnet. Präsident Dölf Früh und sämtliche Verwaltungsräte wurden - bei teils einer knappen Handvoll Nein-Voten - überaus deutlich in ihren Ämtern bestätigt. Einzig Jakob Gülünay verabschiedete sich nach vier Jahren aus dem Gremium, ohne personell durch einen neuen Verwaltungsrat ersetzt zu werden.
Die Arbeit dürfte den ehrenamtlich arbeitenden Verantwortlichen so schnell nicht ausgehen: Zwar präsentierte die FC St.Gallen AG unter dem Strich eine «schwarze Null», auf der Agenda stand an der GV jedoch ausschlieslich das Geschäftsgebahren in der abgeschlossenen Saison 2015/16. Bereits hier sind - wegen einer enttäuschenden Rückrunde - Ausfälle bei den Einnahmen festzustellen: «Der sportlich ungenügende Verlauf führte zu Einbussen in Höhe von 500'000 Franken bei den Ticketverkäufen», so Finanzchef Sascha Roth.
Da der negative Trend auch in der noch jungen neuen Saison anhält, muss für das nächste Geschäftsjahr mit roten Zahlen gerechnet werden. Trotzdem: «Wir sind schuldenfrei und verfügen über vier Millionen Franken Liquiditätsreserve», so Roth. Anlass für Optimismus gibt den Verantwortlichen auch der neue TV-Rahmenvertrag, der ab der nächsten Saison zusätzliche Gelder in die Kasse spülen soll. In den Genuss dieses «Zustupfs» in Höhe von rund einer Million Franken kommt der FCSG aber nur, wenn er dann noch in der Super League spielt. Das Worst-Case-Szenario «Abstieg» wurde dabei von den Verantwortlichen geschickt umschifft.
Das grosse Aufatmen
Nach 53 Minuten schritten die Aktionärinnen und Aktionäre zu ihrer «Bratwurst-Dividende». Widerstand gegen den eingeschlagenen Kurs hatte es keinen gegeben. Nicht einmal im Ansatz. Und während sich Präsident Dölf Früh sichtlich über die ruhig verlaufene Generalversammlung freute, schritt Trainer Joe Zinnbauer - nicht nur unerwähnt, sondern auch unbehelligt - aus dem Fürstenlandsaal. Auch unabhängige Beobachter zeigten sich über die vorherrschende Harmonie überrascht. Ein als Ehrengast eingeladener Politiker, der nicht genannt werden will, gab gar zu Protokoll, den Eindruck gehabt zu haben, der GV des Tabellenführers beigewohnt zu haben.
Vom aktuell vorherrschenden sportlichem Übel war an der 13. Generalversammlung der FC St.Gallen AG in der Tat nicht viel zu spüren.