Fussballkarte muss neu gezeichnet werden

· Online seit 22.05.2017, 14:08 Uhr
Während die einen vor Freude Purzelbäume schlagen und sich in Champagner durchtränkten Trikots in den Armen liegen, knien andere mit hängenden Armen im Rasen, verfluchen verpasste Chancen, den Gegner oder einfach das Schicksal. Sport kann Lust und Frust zugleich sein - was die beiden Fussball-Mannschaften FC Staad und FC Rapperswil-Jona eindrücklich beweisen.
Lara Abderhalden
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Es ist ein schriller Pfiff, der über Triumph oder Niederlage entscheidet. Ein Pfiff, der eine Mannschaft in die Knie zwingen kann - vor Freude oder vor Enttäuschung. Der Schlusspfiff bei der ersten Mannschaft der Herren des FC Rapperswil-Jona war ein Segen. Er bedeutete für die Männer den Aufstieg in die Challenge League. Der Schlusspfiff bei den Frauen des FC Staad war eine bittere Enttäuschung: Die letzte Ostschweizer Frauenmannschaft in der höchsten Frauenliga, der Nationalliga A, steigt ab.

Die Sieger

«Wir erfuhren kurz nach dem Schlusspfiff, dass Kriens sein Spiel verloren hatte und wir somit definitiv frühzeitig in die Challenge League aufsteigen», sagt der Rapperswil-Jona-Coach Stefan Flühmann. «Das war eine unglaubliche Erleichterung und gleichzeitig eine Leere. Wir haben es geschafft. Endlich!» Abgezeichnet habe sich der Ligaaufstieg keinesfalls. Lange hätte die Mannschaft gar acht Punkte Rückstand auf den ersten Platz gehabt: « Es war ein Riesenkampf. Wir wussten, wir müssen die nächsten sieben Spiele gewinnen und wir haben dann tatsächlich sechs Spiele in Folge triumphiert.»

Bier und Pizza

Beim letzten 2:0-Sieg am Samstag zuhause gegen den FC Zürich U21 , war das Meisterwerk vollbracht. Da der Aufstieg ziemlich unerwartet kam, war natürlich auch keine Aufstiegsfeier organisiert: «Wir haben ziemlich spontan noch ein Fest gemacht. Zuerst natürlich auf dem Platz, in der Umkleidekabine und dann ging es noch zum Seeplatz, wo es Bier und Pizza für alle gab.»

Aufstiegsvideo:

Es warten grosse Namen

Stefan Flühmann, der Erfolgs- und Meistertrainer hat seine Mannschaft von der 1. Liga Classic bis zur Challenge League geführt und übergibt den Platz an der Seitenlinie nun jemand anderem. Ex FC-Zürich Trainer Urs Meier wird die Mannschaft ab dem Sommer coachen. Stefan Flühmann wird als Sport-Direktor weiterhin beim Club bleiben. Die grösste Herausforderung in der Challenge League sei vor allem die Professionalität: «Alles wird grösser und besser. Wir spielen gegen Mannschaften wie Aarau, Néuchatel-Xamax, Servette und natürlich freuen wir uns auch auf das Kantonsderby gegen den FC Wil. Ich glaube, dass wir dafür gewappnet sind und eine gute Falle machen werden», sagt Flühmann.

Weniger Trainings

Bereits in der Vergangenheit habe Rapperswil-Jona bewiesen, dass sie sich gegen die Grossen behaupten können. Dies hätten Spiele wie gegen Dortmund, den FC Basel oder die Schweizer Nationalmannschaft gezeigt. Bis die Vorbereitungen unter dem neuen Trainer Urs Meier Mitte Juni losgehen, haben die Spieler aber noch etwas Zeit, sich zu erholen: «Ich möchte die Zeit, die ich noch mit der Mannschaft habe geniessen. Deshalb werden wir in dieser Woche auch etwas weniger trainieren.»

Die Verlierer

Auch die Frauen des FC Staad stecken mitten in einem Gefühlschaos. Nur gehen die Gefühle dort in eine andere Richtung: «Wir sind sehr enttäuscht und sehr traurig», sagt Claudia Stilz, Captain der ersten Mannschaft des FC Staad und spricht damit die Niederlage am vergangenen Wochenende an. Die Niederlage besiegelt den Abstieg in die Nationalliga B. Die FC Staad Frauen waren noch die letzten Ostschweizer in der obersten Liga.

Bittere Enttäuschung

«Das schlimmste Gefühl ist, dass es jetzt wirklich definitiv ist. Wir können nichts mehr daran ändern. Obwohl wir noch zwei Spiele vor uns haben, ist unser Abstieg bereits klar. Da wir die beiden Mannschaften, die vor uns liegen, nicht mehr überholen können», sagt die 31-jährige Torschützenkönigin des FC Staad. Über 100. Meisterschaftstore hat sie für den Ostschweizer Club geschossen.

«Es ist schade, ist die Ostschweiz nicht mehr in der Nati A. Wir haben so viele Ostschweizer Talente gefördert, Leute ausgebildet, jetzt haben wir nicht mehr die Gelegenheit, mit ihnen in der höchsten Liga zu spielen.»

Zu wenig Mittel

Der FC Staad ist schon die zweite St.Galler Frauenmannschaft die in der Nationalliga A scheitert. Die FCSG-Frauen sind letztes Jahr abgestiegen. Claudia Stilz vermutet dahinter verschiedene Gründe: «Einerseits sind es die finanziellen Mittel. Andererseits spielt das Einzugsgebiet eine Rolle. Aarau beispielsweise, welche sehr für den Aufstieg kämpfen, haben Spielerinnen aus Zürich, Solothurn, und überall her. Für die Mannschaft ist es einfacher an Spielerinnen zu kommen wie für uns.» Der FC Staad habe immer mehr Probleme, eine Mannschaft zusammen zu bringen. «Wir kramen die Leute zusammen und haben deshalb auch viele junge und unerfahrene Spielerinnen.»

Sportliche Ungewissheit

Auch der Trainer Martin Hirt ist sich bewusst, dass die Situation beim FC Staad nicht optimal ist: «Die sportliche Zukunft ist ziemlich ungewiss. Wir wissen nicht, welche Spielerinnen nächstes Jahr noch dabei sind. Wir wissen nicht unter welchem Trainer oder welche sportlichen Ziele angepeilt werden. Sollte ich nächste Saison noch Trainer sein, wird ganz bestimmt ein Wiederaufstieg angestrebt.» Im Moment sei es aber vor allem auch schwierig für die Spielerinnen, mit dieser Ungewissheit leben zu müssen.

Trotz aussichtsloser Lage, möchte Claudia Stilz die Saison mit erhobenem Kopf beenden: «Unser Motto ist, nicht an die Spiele zu gehen und zu denken, wir haben eh schon verloren. Auch wenn wir nichts mehr ändern können, hindert uns das nicht daran, guten Fussball zu spielen

Und ist es nicht das, was wir alle sehen wollen? Ob nun fünfte oder erste Liga - am Schluss zählt, was auf dem Platz passiert und was man dem Publikum, den Fans bietet.

veröffentlicht: 22. Mai 2017 14:08
aktualisiert: 22. Mai 2017 14:08
Quelle: abl

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