Wirtschaftsprofessor Brunetti gibt Energiepolitik schlechte Noten

05.01.2016, 10:15 Uhr
· Online seit 05.01.2016, 10:02 Uhr
Der Ökonom und politische Berater Aymo Brunetti kritisiert die Schweizer Energiepolitik: Der Staat müsse für die richtigen Preissignale sorgen, nicht aber einzelne Produktionsarten fördern. "Wir haben das bei uns leider genau umgekehrt gemacht.
Lara Abderhalden
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So seien zuerst alternative Energieformen gefördert worden, zum Beispiel über die Stromeinspeisevergütung, sagt der Wirtschaftsprofessor Brunetti in einem Interview, das am Dienstag in der «Basler Zeitung» erschien. Erst in einem zweiten Schritt würden marktwirtschaftliche Ansätze, zum Beispiel mit Lenkungsabgaben, geplant.

Wenn eine Subvention einmal gesprochen sei, bringe man sie politisch fast nicht mehr weg, sagt Brunetti. Darum glaube er nicht dran, dass das Setzen von Preissignalen überhaupt noch vollzogen werden könne. «Ich befürchte, dass wir in einem unglaublich komplexen Fördersystem stecken bleiben werden.»

Die Preissignale müssten gesetzt werden, indem die externen Effekte der Umweltverschmutzung internalisiert würden, erklärt der Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Bern. Die Atomkraft beispielsweise ist laut Brunetti ökonomisch gesehen zu billig, weil die Kosten der Energie die potenziellen Unfallkosten bei Weitem nicht deckten.

Als politischer Berater sei ihm bewusst, dass es politisch viel einfacher sei, Subventionen auszuzahlen als den Wettbewerb spielen zu lassen, sagt Brunetti weiter. «In puncto Energiestrategie macht es sich die Schweizer Politik aber meines Erachtens zu einfach. Es wird zu schnell und zu viel subventioniert, und was etwas wehtut, wird in die Zukunft verschoben.»

Weiter äusserte sich Brunetti im Interview zur Bankenregulierung. Brunetti hat als Leiter einer Expertengruppe den Bund bei der Regulierung beraten. Die Expertengruppe Brunetti wird weitergeführt unter dem Namen «Strategierat Zukunft Finanzplatz».

Der Bundesrat war im Oktober den Vorschlägen der Expertengruppe gefolgt und hatte die Eigenmittelanforderungen für Grossbanken verschärft. Ob die Vorschriften damit streng genug seien, sei eine wichtige Frage, sagt Brunetti.

Er könne die Forderung einiger Kollegen nach ungewichteten Eigenkapitalquoten von 25 bis 30 Prozent nachvollziehen, «aber nur quasi unter Laborbedingungen», sagt Brunetti. Die Schweizer Banken agierten in einem globalisierten Finanzmarkt und es gebe eine politische Realität, die man in der Regulierung nicht ausblenden könne.

Mit den Auflagen für zusätzliche Kapitalpuffer oder Notfallpläne für den Fall, dass eine Bank stirbt, ist das Bankensystem nach Ansicht des Ökonomen jedenfalls viel sicherer als vor der Finanzkrise. «Aber diese zusätzliche Sicherheit ist auch nötig. Die Schweiz ist mit ihren beiden Grossbanken so stark exponiert wie kaum ein anderes Land.»

Trotz der laufenden Strukturbereinigung erwartet Brunetti nicht unbedingt, dass der Finanzsektor stark schrumpfen wird, wie er weiter sagt. Grossbanken werde es auch in Zukunft noch geben und die Schweiz biete im Vergleich nach wie vor hervorragende Rahmenbedingungen für den Finanzsektor.

veröffentlicht: 5. Januar 2016 10:02
aktualisiert: 5. Januar 2016 10:15
Quelle: SDA

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