Einzig Pierre Maudet schafft Wiederwahl im ersten Wahlgang in Genf

15.04.2018, 20:10 Uhr
· Online seit 15.04.2018, 08:00 Uhr
In Genf hat einzig Pierre Maudet im ersten Wahlgang die Wiederwahl in die Regierung geschafft. Alle anderen Kandidaten müssen in den zweiten Wahlgang, der zur Zitterpartie für Luc Barthassat (CVP) wird. Im Parlament verlieren MCG und SVP massiv.
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Für den Genfer FDP-Regierungsrat Maudet gab es am Sonntag keine Zweifel, dass ihm seine Bundesratskandidatur geholfen hat. «Die Genferinnen und Genfer haben bei meiner Kandidatur gesehen, dass ich ihre Interessen verteidige», sagte er strahlend im Wahlzentrum in der Genfer Universität.

Ausser Maudet (50'177 Stimmen) übertraf niemand das absolute Mehr von 49'007 Stimmen. Am nächsten kam dem Mauro Poggia vom MCG (43'724), vor Serge Dal Busco von der CVP (40'834).

Auf Platz vier folgte Antonio Hodgers für die Grünen (40'750), auf Platz fünf Anne Emery-Torracinta von der SP (33'347). Da sie im Vorfeld der Wahlen viel Kritik für den Umgang mit der Affäre um Tariq Ramadan und den Vorfällen an Genfer Schulen einstecken musste, zeigte sie sich über den fünften Platz erleichtert.

Auf den Plätzen sechs und sieben lagen die Herausforderer: Thierry Apothéloz von der SP (32'980), der einen zweiten Sitz für die Sozialdemokraten gewinnen könnte, und FDP-Kandidatin Nathalie Fontanet (31'503), die den Sitz ihres abtretenden Parteikollegen François Longchamp verteidigen will.

Beide Herausforderer liessen den amtierenden Verkehrsdirektor und zweiten CVP-Regierungsrat Luc Barthassat (27'133) hinter sich. Dem neuntplatzierten Barthassat fehlten im ersten Wahlgang 4370 Stimmen auf die siebtplatzierte Fontanet. Barthassat wertete das Resultat als Quittung für seine lancierten Verkehrsprojekte und will im zweiten Wahlgang erneut antreten.

Auf dem achten Platz reihte sich die dritte SP-Kandidatin Sandrine Salerno (30'014) ein. Keine Chance hatten die Kandidaten der SVP, des MCG und der alternativen Linken. Die Stimmbeteiligung lag bei 38,77 Prozent.

Da einzig der Sitz von Pierre Maudet vergeben ist, werden die sechs anderen im zweiten Wahlgang vom 6. Mai verteilt. Die SP dürfte nur noch mit zwei Kandidaten antreten, hält sich aber noch bedeckt. Die CVP und FDP wollen an ihrem Bündnis «L'Entente» festhalten und bei der SVP tritt Yves Nidegger erneut an.

Die Rechtsparteien SVP und MCG erlebten einen rabenschwarzen Wahlsonntag beim Kantonsparlament. Das Mouvement citoyens genevois (MCG) verlor 9 seiner 20 Sitze. Nach internen Querelen hatten sich in der vergangenen Legislatur 5 Grossräte vom MCG abgespalten.

Die im Streit ausgetretene MCG-Galionsfigur Eric Stauffer gründete darauf «Genève en Marche» (GEM). Die neue Formation holte zwar 4,10 Prozent der Stimmen, verpasste die Hürde des Quorums von 7 Prozent in Genf aber deutlich. Eric Stauffer kündigte darauf seinen Rücktritt aus der Politik an. «Genève en Marche» wird aufgelöst.

Überraschenderweise konnte die SVP nicht vom Niedergang des MCG profitieren. Die SVP verlor 3 ihrer 11 Sitze und musste noch um den Wiedereinzug ins Kantonsparlament bangen. Mit 7,32 Prozent übertraf die SVP das Quorum nur knapp. Auch die SVP machte GEM für die Verluste verantwortlich: «Ohne das GEM von Stauffer wären die Verluste des MCG zur SVP geflossen», sagte Yves Nidegger von der SVP.

Die FDP eroberte 4 Sitze und konnte ihre Position als stärkste Partei im Kanton Genf mit 28 Sitzen ausbauen. Ihr Bündnispartner CVP gewann einen Sitz und hat neu 12 Mandate.

Auch die Grünen gewannen 5 Sitze und haben neu 15 Sitze , die SP steigert sich um 2 Sitze auf 17 Sitze. Im Grossen Rat halten konnte sich das Bündnis «Ensemble à Gauche» (EAG) der alternativen Linken, das seine neun Sitze verteidigte.

Vor der Wahl war das Kantonsparlament in drei ungefähr gleich grosse Blöcken der Linken (SP, Grüne und EAG), der Mitte (CVP und FDP) und der Rechten (SVP, MCG) unterteilt gewesen, wodurch die Mehrheiten oft wechselten.

Im neuen Parlament sind die Linken (41 Sitze) und die Mitte (40 Sitze) deutlich grösser als der Rechtsblock (19 Sitze). Das dürfte den Kanton Genf wieder «regierbarer» machen, sagte Pascal Sciarini, Politologe der Universität Genf, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

«Mit einer Niederlage der populistischen Rechtsparteien dürften die Mehrheitsverhältnisse im Kantonsparlament besser vorhersehbar werden», sagte Sciarini. Es sei bemerkenswert, dass die SVP, das MCG und das GEM alle verloren hätten, obwohl sie aufwändige und kostspielige Kampagnen geführt hätten. Drei Parteien im Rechtsblock sei aber einfach zu viel Konkurrenz gewesen.

veröffentlicht: 15. April 2018 08:00
aktualisiert: 15. April 2018 20:10
Quelle: SDA

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