Gesetz-Wirrwarr am Stephanstag

· Online seit 08.11.2017, 09:42 Uhr
Wegen einer Gesetzesbestimmung dürfen Geschäfte in Innerrhoden und Ausserrhoden in diesem Jahr am 26. Dezember öffnen. In Innerrhoden gilt der Stephanstag auch für die Verwaltung als Arbeitstag.
René Rödiger
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Roger Fuchs/Appenzeller Zeitung

In beiden Appenzeller Kantonen soll es keine drei aufeinanderfolgenden Sonntage geben. Dafür sorgt das Gesetz. Und so gilt der diesjährige Stephanstag am 26. Dezember nicht als Ruhetag. Folglich dürfen die Geschäfte und Gewerbebetriebe in Innerrhoden und Ausserrhoden an diesem Tag auch ihre Kundschaft bedienen. Nach dem kalendarischen Sonntag (24. Dezember) und dem als Sonntag geltenden Weihnachtsheiligtag wäre dies sonst der dritte Sonntag in Folge.

In Innerrhoden stützt sich die Regelung auf das Ruhetagsgesetz, in Ausserrhoden auf die kantonale Verordnung zum Bundesarbeitsgesetz. Doch einen grossen Unterschied gibt es. In Innerrhoden gilt die erwähnte Gesetzesgrundlage auch für die Verwaltung, nicht so aber in Ausserrhoden. Dort haben die Verwaltungsangestellten am 26. Dezember offiziell frei. «Bei der Ausserrhoder Kantonsverwaltung kommt das Personalgesetz zum Zug», begründet Kommunikationschef Georg Amstutz. Da steht, dass der Stephanstag als bezahlter Feiertag gilt.

Unterschiedliche Reaktionen in Innerrhoden

Dass in Innerrhoden die Verwaltungsangestellten zur Arbeit antreten müssen, hat gemäss Franz Büsser, Sekretär bei dem für das Ruhegesetz zuständigen Justiz-, Polizei- und Militärdepartement, unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. «Diese reichen von Verständnis bis hin zu Kopfschütteln.» Natürlich könnten auch die Innerrhoder Verwaltungsangestellten frei machen, doch dazu müssten sie entweder Überstunden abbauen oder einen Ferientag beziehen, sagt Büsser. Er selbst wird Überzeiten kompensieren, weil er den 26. Dezember als freien Tag schätze und gerne für familiäre Angelegenheiten nutze. Gemäss dem Departementssekretär wäre es nicht falsch, diese Sachlage einmal zu überdenken. Zumal es sich ja auch um einen christlichen Feiertag handle und Innerrhoden ein sehr katholisch geprägter Kanton sei.

Da stellt sich die Frage, wie wohl Standespfarrer Lukas Hidber über diese Ausgangslage denkt. «Ich habe schon als Kind mitbekommen, dass es nicht drei Sonntage hintereinander gibt», sagt der im Sarganserland Aufgewachsene. Von daher zeigt Hidber denn auch keine Mühe mit dieser Regelung, zumal Nachheiligtage ganz unterschiedlich gehandhabt würden. Auch wenn in Appenzell Innerrhoden der Stephanstag heuer als Arbeitstag gilt, so herrsche aus kirchlicher Sicht normaler Sonntagsbetrieb und es werde wie üblich um 9.15 Uhr zur Eucharistiefeier geladen.

Gesetz aus längst vergangenen Tagen

Wenig Verständnis für die aktuelle Regelung, wonach keine drei Sonntage aufeinander folgen dürfen, zeigt dagegen der Vorstand des Appenzeller Detailhandelsverbandes. «Wir empfehlen unseren Mitgliedern, am 26. Dezember nicht zu öffnen und stattdessen am 2. Januar zu geschäften», so Präsident Milo Goldener. Er nennt die heutige Gesetzesgrundlage einen «alten Zopf», den es zu überdenken gelte. «Das Ganze stammt aus einer Zeit, als es noch keine Kühlschränke gab und es den Menschen noch nicht möglich war, Lebensmittel über drei Tage hinweg frisch zu halten.» Ausserdem sei es für ihn einfach nicht nachvollziehbar, dass man sechs Jahre lang jeweils den Stephanstag als Heiligentag hochhalte und dann, wenn die diesjährige Konstellation eintrifft, alles anders sein soll.

Abendeinkauf am 23. Dezember

Diskutiert wurde die diesjährige Situation auch beim Herisauer Gewerbeverein. Wie Vizepräsident Ralph Nessensohn sagt, wurde vorgestern die Empfehlung kommuniziert, vom 24. bis 26. Dezember die Türen zu schliessen. Dafür soll am 23. Dezember in allen Fachgeschäften bis 20 Uhr eingekauft werden können. Und dies unter dem Motto «Einkaufen bei Kerzenschein».

Dieser Artikel erschien am 8. November 2017 in der Appenzeller Zeitung

veröffentlicht: 8. November 2017 09:42
aktualisiert: 8. November 2017 09:42

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