«Gingen nicht von akuter Gefahr aus»

24.10.2017, 07:44 Uhr
· Online seit 24.10.2017, 07:21 Uhr
Der 17-jährige Angreifer aus Flums war den Behörden bekannt. Die Kriseninterventionsgruppe des Schulpsychologischen Dienstes des Kantons St.Gallen hat den Jugendlichen abgeklärt. «Es ist unmöglich, alle Täter zu erkennen», sagt deren Direktor Ralph Wettach.
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Christoph Zweili/St.Galler Tagblatt

Wie kamen Sie mit dem Jugendlichen in Kontakt?

Eine besorgte Jugendarbeiterin hat sich im Juni an die Polizei gewendet. Diese hat uns involviert, nachdem kein Tatbestand gegen den Jugendlichen vorlag. Daraufhin hat die Kriseninterventionsgruppe eine umfassende psychologische Bedrohungseinschätzung vorgenommen, nach einem anerkannten standardisierten Verfahren. Daraus ist dann ein Gesamtbild entstanden, das mit der Polizei besprochen wurde.

Was geschieht bei dieser Bedrohungseinschätzung?

Dafür wurden mehrere Gespräche mit dem Jugendlichen geführt. Auch das Umfeld wurde einbezogen – Arbeitgeber, Schule, Eltern. Angeschaut wird, ob eine akute Bedrohung vorliegt, zum Beispiel gegen eine Institution. Wäre das der Fall, würden sämtliche Alarmglocken läuten.

Und wie hätte man dann reagiert?

Dann würde die Polizei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft aktiv werden.

Beim Jugendlichen waren Gewaltfantasien im Spiel. Wie gehen Sie in einem solchen Fall vor?

Wir haben angeschaut, wie diese Fantasien aussehen und ob sich der Jugendliche davon distanzieren kann. Auch das wäre eine «rote Linie» gewesen, die nicht überschritten werden darf. Ein Thema war auch, ob der Jugendliche kooperiert oder das Gespräch verweigert. Auch das Verhältnis zu Waffen wurde thematisiert – ob er Zugang zu Waffen hat. Oder ob es einen konkreten Plan gibt. Oder konkrete Fantasien. Wichtig in Erfahrung zu bringen war auch, ob es eine konkrete Vorgeschichte gibt.

Sie haben «rote Linien» angesprochen. Was lösen sie aus?

Würden sie überschritten, würde die Polizei aktiv.

Zu welchem Gesamtschluss kamen Sie?

Polizei und Kriseninterventionsgruppe diskutierten das Gesamtbild und kamen zum Schluss, dass zu jenem Zeitpunkt keine substanzielle Bedrohungssituation bestand, dass aber Auffälligkeiten vorlagen. Dafür hat man eine jugendpsychiatrische Abklärung und Begleitung aufzugleisen begonnen.

Seit wann wurde der Jugendliche demnach jugendpsychiatrisch begleitet?

Unsere Bedrohungseinschätzung lag etwa Mitte September vor. Danach wurde die Familie bei der Anmeldung begleitet. Nach meinem Wissen war die Begleitung zwar angemeldet, aber sie wurde noch nicht begonnen.

Wie hätte diese Begleitung ausgesehen?

Grundsätzlich wäre es darum gegangen, ob beim Jugendlichen eine psychische Störung oder eine Persönlichkeitsstörung vorliegt. Und welche Art der psychotherapeutischen oder psychiatrischen Hilfe er benötigt.

Wann hatte die Kriseninterventionsgruppe das letzte Mal mit dem 17-Jährigen Kontakt?

Das war vor drei Wochen. Das war rund um das Aufgleisen für seine jugendpsychiatrische Abklärung.

Dieses Interview erschien am 24. Oktober zuerst im «St.Galler Tagblatt».

veröffentlicht: 24. Oktober 2017 07:21
aktualisiert: 24. Oktober 2017 07:44

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