Google liest dein «Tagebuch»

· Online seit 05.04.2018, 06:08 Uhr
Wenn du meinst, dass Facebook viel zu viel über dich weiss, solltest du erst mal sehen, was Google für Informationen gespeichert hat...
René Rödiger
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In den letzten Wochen war die Sammelwut von Facebook wieder überall ein Thema. Auch bei uns (hier und hier). Nur: Google weiss mindestens so viel und sammelt ebenfalls fleissig Daten. Der Datenspezialist und Webentwickler Dylan Curran hat für den Guardian aufgeschrieben, was Google alles weiss. Wir zeigen dir, wie du den Internetriesen - zumindest ein bisschen - in die Schranken weist.

Google kennt auch deine gelöschten Suchanfragen

Hast du mal nach lustigen Katzenvideos gesucht? Natürlich. Vielleicht war dir das danach ein bisschen peinlich und du hast die Suchabfrage gelöscht. Google ist das so ziemlich egal. Es speichert alle Abfragen über alle verschiedenen Geräte, mit denen du auf Google zugreifst. Wenn du die Suche also auf deinem Handy löschst, dann hat Google den Eintrag noch immer über deinen Laptop gespeichert und zu deinem Profil hinzugefügt. Beim nächsten mal, wenn du Google auf deinem Mobile aufrust, wird die «gelöschte» Suchabfrage wieder mit dem Handy synchronisiert.

Falls du deine Suchaktivität sehen und vielleicht einige Sachen löschen willst, kannst du das hier machen.

Google weiss, wo du warst

Warst du vor zwei Jahren in Italien in den Ferien? Dann weiss das Google. Der Internetriese speichert seit du dein Handy erstmals in Betrieb genommen hast jeden Ort. Dafür musst du nicht mal GPS eingeschaltet haben. Es wird aber noch viel interessanter: Google weiss auch, wie lange du von einem Ort zum nächsten gebraucht hast und welches Transportmittel du benutzt hast. Zumindest teilweise.

Hier ist die Karte, die Google seit 2013 von mir erstellt hat:

Bei einem genaueren Blick, sehe ich, dass ich im März 2013 in London war. Offenbar bin ich an einem Donnerstag von meinem Hotel aus ins Tate Modern gegangen (ich brauchte 48 Minuten für den Weg). Im Museum blieb ich von 10.51 Uhr bis 13.20 Uhr.

Falls du sehen willst, wo du so in den letzten Jahren warst, kannst du das hier machen.

Youtube ist Google

Seit 2006 gehört Youtube zu Google. Und damit wird natürlich auch dort jede deiner Abfragen gespeichert. Wenn du jetzt denkst, dass das ja harmlos ist: Über diese Suchanfragen kann Google viele Rückschlüsse ziehen. Hast du in den letzten Tagen nach Schwangerschaftstipps gesucht? Dann wirst du wohl schon bald vermehrt Werbung für Windeln und Babynahrung sehen. Je nach Suche weiss Google, welche politisch Einstellung du hast, ob du Vegetarier bist, welche Allergien du hast, von welchem Fussballteam du Fan bist und natürlich noch ganz viel mehr.

Hier siehst du deine gesamte Youtube-Suchaktivität.

(Fast) alle sammeln für Google

Google hat ein Werbeprofil von dir. Mit jeder Aktivität in irgendeinem Google-Dienst wird dieses Profil geschärft und um weitere Interessen ergänzt. Laut eigenen Angaben arbeiten «über zwei Millionen Websites und Apps Dritter» mit Google zusammen, um deine Klicks in Interessen zu verwandeln.

Hier kannst du deine Werbeeinstellungen ändern.

Google kennt auch deine gelöschten Mails

Dylan Curran hat von Google sein Archiv angefordert. Es war 5,5 Gigabyte gross. Oder anders ausgedrückt: Es hätte drei Millionen Word-Dokumente gefüllt. Darin enthalten waren alle Lesezeichen, Emails, Kontakte, Kalendereinträge, Youtube-Einträge, Fotos (auch alle vom Handy), alle Shoppingbesuche on- und offline und noch viele Daten mehr.

So konnte Curran sehen, nach welchen Bildern er jemals gesucht hatte. Bei seinen Mails wurde es richtig übel: Google hatte sogar noch alle Mails, die gelöscht oder als Spam markiert worden sind. Im Archiv gab es Einträge zu jeder Werbung, auf die Curran je geklickt hatte.

Hier kannst du dein Archiv anfordern (Achtung: Das kann mehrere Stunden oder Tage gehen).

Und jetzt?

Falls du denkst, dass es gar nicht so schlimm ist, wenn Google das alles weiss: Stell dir vor, jemand hackt dein Google-Konto. Diese Person bekommt so mehr oder weniger ein Tagebuch deines Lebens der letzten rund zehn Jahre. Oder um es mit den Worten von Curran zu sagen: «Wir würden niemals dem Staat oder einer Firma erlauben, Kameras und Mikrofone in unseren Häusern zu installieren und uns mit GPS-Trackern auszustatten. Bei Google, Facebook und Co. haben wir genau das gemacht. Aber Hauptsache wir können lustige Katzenvideos schauen.»

Falls du Google trotzdem nicht gross einschränken willst, solltest du zumindest deinen Account schützen. Schalte unbedingt die «Bestätigung in zwei Schritten» ein.

 
veröffentlicht: 5. April 2018 06:08
aktualisiert: 5. April 2018 06:08

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