Saudisches Todesurteil gegen Schiiten bestätigt

26.10.2015, 05:31 Uhr
· Online seit 25.10.2015, 23:37 Uhr
Saudi-Arabiens oberster Gerichtshof hat trotz heftiger internationaler Kritik das Todesurteil gegen einen jungen Schiiten bestätigt. Dies teilten der Anwalt sowie die Familie des verurteilten Ali Bakir al-Nimr am Sonntag mit.
René Rödiger
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Al-Nimr soll 2011 und 2012 an Demonstrationen teilgenommen haben. Damals war er minderjährig. Das mehrheitlich sunnitische Königreich wirft ihm vor, die Konfessionen gegeneinander aufgehetzt zu haben. Al-Nimr könnte nach Angaben seines Anwaltes enthauptet und gekreuzigt werden, sobald König Salman das Urteil unterschreibt.

Ebenfalls bestätigt hat das Gericht das Todesurteil gegen al-Nimrs Onkel, den schiitischen Geistlichen Scheich Nimr al-Nimr. Dessen Schicksal liege nun in der Hand von König Salman, der die Hinrichtung aussetzen könne, sagte der Bruder des bekannten Predigers, Mohammed al-Nimr, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.

Er hoffe darauf, dass der König seine «Weisheit» unter Beweis stelle, indem er den Vollzug des Todesurteils gegen al-Nimr und sechs weitere Schiiten stoppe.

Scheich Al-Nimr ist ein entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses in Riad. Er hatte 2011 bei einer Demonstration von Regierungsgegnern gepredigt und die Abspaltung der mehrheitlich schiitischen Regionen Katif und Al-Ihsaa im Osten des Landes befürwortet. Vor einem Jahr wurde er wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt.

Neben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatten auch die Europäische Union und die deutsche Regierung den Richterspruch scharf verurteilt. Nach Amnesty-Angaben wurden in Saudi-Arabien bis Ende September mindestens 134 Todesurteile vollstreckt. 2014 gab es demnach 90 Hinrichtungen.

Der schiitische Iran warnte Riad am Sonntag vor den Konsequenzen einer Hinrichtung. Sollte das Todesurteil gegen den Geistlichen vollstreckt werden, werde Saudi-Arabien einen «hohen Preis zahlen», sagte der iranische Vize-Aussenminister Hossein Amir Abdollahian. Riad und Teheran konkurrieren gegeneinander um Einfluss im Nahen Osten.

Inspiriert von den Protesten der Arabischen Aufstände hatten Angehörige der schiitischen Minderheit in der saudischen Ost-Provinz ab 2011 Demonstrationen gegen die von ihnen empfundene Diskriminierung organisiert.

Die meisten der rund zwei Millionen saudiarabischen Schiiten leben im Osten des Landes, das mehrheitlich sunnitisch geprägt ist. Die schiitische Minderheit klagt seit langem über religiöse und soziale Diskriminierung durch das ultrakonservative Herrscherhaus.

veröffentlicht: 25. Oktober 2015 23:37
aktualisiert: 26. Oktober 2015 05:31
Quelle: SDA

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