«Ich bereue keine Sekunde»

· Online seit 18.01.2018, 10:02 Uhr
Der 26-jährige Walenstädter Laurenz Elsässer ist gemeinsam mit drei Freunden innert 30 Tagen über den Atlantik gerudert. Im Interview erzählt der Atlantik-Überquerer vom grössten Abenteuer seines Lebens.
Stephanie Martina
Anzeige
Laurenz, du und dein Team «Swiss Mocean» haben die Mission Atlantik-Überquerung geschafft. Wie fühlst du dich jetzt?

Entspannt und sehr, sehr, sehr glücklich darüber, dass wir es geschafft haben. Ich sitze jetzt gerade in einem Hotelzimmer auf einem trockenen Bett und bin einfach überglücklich.

Du warst 30 Tage auf einem kleinen Boot auf dem offenen Meer. Stösst man da an seine Grenzen?

Ich muss zugeben, dass ich teilweise auf dem Zahnfleisch gelaufen bin. Mehr als an meine körperlichen Grenzen bin ich aber an meine mentalen Grenzen gestossen. Wir haben in Zwei-Stunden-Schichten gearbeitet, das heisst, wir haben alle immer zwei Stunden gerudert und dann knapp zwei Stunden geschlafen. Diese kurzen Schlafphasen zerrten mit der Zeit an der Substanz. Aber es hat irgendwie funktioniert - schliesslich sind wir jetzt in der Karibik.

Hattest du vor diesem Experiment schon gerudert?

Nein, ich hatte keine Rudererfahrung. Einige Monate vor dem Start hat uns mein Teamkamerad Yves Schultheiss noch die wichtigsten Techniken beigebracht. Zuvor bestand mein Bezug zum Wasser aus Schwimmen im Pool und See.

Was war die extremste Situation, die du während der Überfahrt zu meistern hattest?

Am Anfang unserer Reise wehte ein starker Wind mit Böen von bis zu 40 Knoten (entspricht rund 74 km/h). Deshalb hatten wir mit hohen Wellen zu kämpfen. Am fünften Tag überspülte uns eine Welle von der Seite, wodurch unser Steuerrunder zerbrach. Das war ein Dämpfer. Um das Steuerruder zu reparieren, mussten wir unter Wasser tauchen, auch das bei hohen Wellen. Rückblickend bin ich froh, dass ich noch lebe.

Gab es auch Situationen, in denen du Angst hattest?

Teilweise schon. Vor allem nachts, wenn der Mond nicht zu sehen war. Wir sind bei Leermond gestartet, es war stockdunkel - sowohl das Wasser als auch der Himmel. Der Horizont war nicht mehr zu sehen, deshalb fühlte ich mich jeweils etwas verloren in der dunklen Weite. Das hat mir manchmal schon etwas Angst gemacht.

Du hast einen Monat auf engstem Raum mit deinen drei Teamkollegen verbracht. Seid ihr euch während dieser Zeit teilweise gegenseitig auf die Nerven gegangen?

Natürlich sind wir uns auf die Nerven gegangen, aber wir haben es immer geschafft, Konflikte diplomatisch zu lösen und uns öfter entschuldigt, als es vielleicht nötig gewesen wäre.

Was habt ihr auf eurer Reise gegessen?

Wir haben 30 Tage lang fast ausschliesslich Nahrung in Pulverform mit Wasser aufgegossen und dann so ein breiartiges Gericht gegessen. Am Anfang hatten wir zudem noch Orangen an Bord. Die ersten Tage habe ich nur von Orangen gelebt, weil das gegen die Seekrankheit geholfen hat.

Wie sehr hat euch die Seekrankheit zu schaffen gemacht?

Wir waren alle vier leicht seekrank, den anderen drei war einfach einige Tage übel. Ich hingegen musste mich drei Tage lang übergeben. Das war ziemlich mühsam, aber ich konnte zum Glück doch meine Schichten rudern.

Hast du zwischenzeitlich bereut, dass du dich auf dieses Abenteuer eingelassen hast?

Nein, nie. Es war ein tolles und sehr spannendes Projekt - nicht nur die Überfahrt selbst, sondern auch die drei Jahre lange Vorbereitung. Ich konnte extrem viel lernen, deshalb bereue ich keine Sekunde.

Was war das Erste, das du gemacht hast, als du wieder festen Boden unter den Füssen hattest?

Zuerst habe ich meine Eltern, Freunde, Bekannten und Verwandten umarmt und dann haben wir einen Burger mit Pommes und Ketchup gegessen - das war ein riesiges Geschmackserlebnis!

Was nimmst du aus diesem Projekt für deinen Alltag mit?

Wenn in meinem Leben wieder mal ein Problem auftauchen sollte oder es eine Hürde zu meistern gibt, gebe ich nicht mehr so schnell auf wie vorher. Immerhin sind wir über den Atlantik gerudert - da werde ich auch anderes schaffen, das nicht ganz so schwierig ist.

Laurenz Elsässer und seine drei Teamkollegen von «Swiss Mocean» Luca Baltensperger, Yves Schultheiss und Marlin Strub wollten als erste Schweizer rudernd den Atlantik überqueren. Deshalb nahmen sie mit 27 anderen Mannschaften bei der Talisker Whisky Challenge teil. In 30 Tagen und 6 Stunden legten die vier 4700 Kilometer zurück und erreichten als drittes Team den Zielhafen in Antigua in der Karibik.
veröffentlicht: 18. Januar 2018 10:02
aktualisiert: 18. Januar 2018 10:02
Quelle: kov/stm

Anzeige
Anzeige