Immer mehr Nilgänse am Bodensee
Dass sich eine Nilgans, die ursprünglich in der Subsahara heimisch war, im Winter am Bodensee wohlfühlt, überrascht den einen oder anderen Laien, aber nicht Ornithologen. Denn sie wissen, dass der Entenvogel schon länger heimisch ist im Bodensee-Gebiet. «In England wurde die Nilgans im 18.Jahrhundert eingebürgert. In den 60er-Jahren bildete sich in Holland eine grosse Population. Von dort aus haben sich die Gänse Richtung Süden ausgebreitet», sagt der diplomierte Biologe Michael Schaad von der Vogelwarte Sempach.
Bis zu 7'500 Brutpaare in Deutschland
In den 1970er Jahren entwichen Nilgänse aus den Zoos in Brüssel und Den Haag. Diese begründeten die Nilgans-Populationen in Mitteleuropa. In Deutschland gibt es bereits 5'000 bis 7'500 Brutpaare. Gerade im Oberrheingebiet gibt es mittlerweile Schwärme mit Hunderten von Nilgänsen. Das bestätigt Harald Jacoby von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee. In der Schweiz wurden 2014 rund 10 brütende Weibchen registriert. Für 2015 sind die Zahlen noch nicht komplett zusammen, es werden aber erwartungsgemäss mindestens 50 Bruten sein.
Bei exotischen Tierarten wie der Nilgans stellt sich oftmals die Frage: Wie reagieren die heimischen Arten auf die Exoten? Sind sie gar eine Bedrohung für die hiesige Flora und Fauna? «Man hat bisher in der Schweiz noch wenig Erfahrungen mit Nilgänsen sammeln können. Wie sich das Zusammenleben mit anderen Vogelarten gestaltet, ist noch unklar», sagt Schaad.
Er beobachte aber die Entwicklung mit Sorge. Denn Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass sich die Nilgans gerade während der Brutzeit sehr aggressiv gegenüber heimischen Arten verhalten kann. Darum ist sie in Deutschland sogar von anfangs September bis Ende März frei zum Abschuss.
In der Schweiz ist sie bisher durch ihre speziellen Brutstätte aufgefallen: Nilgänse brüten offenbar gerne ihre Jungen auf Golfplätzen aus. Leider war aufgrund der Winterpause kein betroffener Golfplatz erreichbar.
Andere Exoten am Bodensee
Am Bodensee haben sich schon andere exotische Arten manchmal erfolgreich, manchmal erfolglos niedergelassen. Ein Beispiel ist der Schwarzstorch. Laut Jacoby ist es überraschend, dass sich der Schwarzstorch so weit ausgebreitet hat.
Auch Schwarzschwäne hat man in den letzten Jahren immer wieder am Bodensee auf Schweizer wie auch Deutscher Seite entdeckt. Dieser hat aber laut Jacoby wegen den Temperaturen eher Schwierigkeiten, sich am Bodensee fortzupflanzen.
Anders wird das nach seinen Prognosen bei der Nilgans sein. Die beiden Experten sind sich einig, dass die Nilgans sich weiter verbreiten wird, und das nicht nur am Bodensee, sondern in der ganzen Schweiz. «Die Nilgans wird nicht vor der Schweizer Grenze Halt machen», sagt der Harald Jacoby schmunzelnd.