Ist Andi W. aus dem Fenster gesprungen?

27.12.2015, 11:31 Uhr
· Online seit 27.12.2015, 11:22 Uhr
Gestern Morgen wurde ein 36-jähriger Schweizer leblos auf einem Kreuzlinger Trottoir gefunden. Die Kantonspolizei Thurgau sucht fieberhaft nach Zeugen, die gesehen haben, wie der Mann zu Tode kam. Laut TVO-Recherchen handelt es sich beim Opfer um Andi W. Er ist unmittelbar vor seiner Wohnung gestorben.
Marco Latzer
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Die Betroffenheit in der Pizzeria-Bar Aroma, schräg vis-à-vis vom Bahnhof in Kreuzlingen, ist gross. Direkt vor dem Lokal wurde gestern Morgen der leblose Körper eines 36-jährigen Mannes gefunden. Um wen es sich beim Opfer handelt, ist am Tresen längst kein Geheimnis mehr: Viele der Stammgäste wohnen in der unmittelbaren Nachbarschaft und haben, weil sie die Aufregung am Fundort mitbekommen haben, unfreiwillig einen Blick auf die Leiche werfen müssen.

Wieder andere wurden von der Polizei befragt. Beim getöteten Schweizer handelt es sich demnach um Andi W. Er lebte zusammen mit seinem Halbbruder im achten Stock des Gebäudes, vor dem er letztlich gefunden wurde.

Opfer soll Einzelgänger gewesen sein

«Er war ein komischer Kauz und hat sich in den letzten Jahren immer mehr zurückgezogen», sagt ein Stammgast. Ein anderer legt nach: «Er war sehr rechthaberisch und fühlte sich gleichzeitig vom Leben benachteiligt.» Dass er trotz guter Schulbildung auf Geld aus der Invalidenversicherung angewiesen war, habe ihm zu schaffen gemacht. Und ein Mittzwanziger, der zwei Tage vor dem Leichenfund noch mit Andi W. abgemacht hatte, sagt aus, er habe auf ihn dabei einen äusserst deprimierten Eindruck hinterlassen.

Die These der Bekannten und Nachbarn ist eindeutig: Es muss sich um Selbstmord gehandelt haben. Das Gerücht, dass der Mann aus seiner Wohnung im achten Stock rund 25 Meter in die Tiefe gesprungen ist, hält sich hartnäckig.

Giuseppe* lief gestern Morgen zufällig an die Leiche heran. Nachdem er sich Zigaretten gekauft hatte, fand er auf dem Rückweg  den auf dem Boden liegenden Andi W. vor. Seine Tasche und die Schuhe lagen um den leblosen Körper herum. «Ich habe ihn angefasst, aber er hat sich nicht bewegt. Sein Gesicht sah ganz übel aus», sagt Giuseppe. Eine Blutlache habe es allerdings nicht gegeben. Nachdem er um Hilfe gerufen hatte, sei eine Frau herbeigeeilt, die während zehn Minuten versucht hatte, den Mann wieder zu beleben.

Rätsel um Todesursache

Auch Giuseppe glaubt an einen Sprung in den Tod. Anders sei für ihn der Hergang nicht zu erklären: "Ich bin durchgelaufen, ein, zwei Minuten später lief ich wieder zurück - und da lag er schon da. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was sonst in dieser Zeit hätte passiert sein sollen."Allerdings hätten ihn Polizisten darauf angesprochen, dass die Verletzungen von Andi W. nicht zu einem Sturz aus dem Fenster passen würden.

Die Kantonspolizei Thurgau ermittelt momentan in alle Richtungen. «Es könnte ein Unfall, ein Suizid oder ein Delikt dahinterstecken», sagt Mediensprecher Matthias Graf. Erste Erkenntnisse zum mysteriösen Todesfall in Kreuzlingen werden für Montagnachmittag erwartet. Dann sollten erste Ergebnisse der Gerichtsmedizin zur Todesursache vorliegen.

*Name von der Redaktion geändert

TVO berichtet ab 18 Uhr stündlich unter anderem zum Vorfall in Kreuzlingen.

veröffentlicht: 27. Dezember 2015 11:22
aktualisiert: 27. Dezember 2015 11:31

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