Jungfreisinnige blamieren sich mit Hitler-Vergleich
Der Facebook-Post vom Mittwochabend, der auch auf Twitter verlinkt wurde, ist nach kritischen Rückmeldungen schnell wieder verschwunden. In den Sozialen Medien kursieren aber nach wie vor Screenshots.
Hey @andrisilbi_ wollte mal nachfragen, ob du den Inhalt dieses Posts teilst? pic.twitter.com/bkuT2gpTJ3
— Sven Sobernheim (@sven_zurich) July 26, 2017
Darin werden «berühmte Diktatoren» verglichen, sortiert nach links- und rechtsaussen. Und geht es nach dieser Aufstellung, hat die Linke in diesem zweifelhaften Wettbewerb die Nase vorn: Werden bei den Rechten nur Francisco Franco und Augusto Pinochet aufgeführt, sind es auf der Gegenseite fast 20. Wobei sogar Adolf Hitler, Benito Mussolini und der russische Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow als sozialistische respektive kommunistische Diktatoren gelistet werden.
Die Reaktionen blieben nicht lange aus. Und die Jungfreisinnigen versuchten sich zu rechtfertigen, wie der Screenshot einer Antwort auf Facebook zeigt: Der Sozialismus habe mehr Todesopfer auf seinem Konto.
Was soll diese Aufwiegung von Todesopfern? Soll man hier eine Rangliste der schlimmsten Diktaturen machen? ? @jungfreisinnSG pic.twitter.com/TiSAZNY1hm
— johannes leutenegger (@JohLeut) July 26, 2017
Auf Anfrage entschuldigt sich Noël Dolder, der Präsident der St.Galler Jungfreisinnigen (JFSG), im Namen seiner Partei für die inzwischen gelöschten Posts. «Die JFSG verurteilen als Partei der Freiheit jeglichen Totalitarismus und diktatorische Regime.» Man habe auch keine Sympathien für die in der Tabelle bei den Rechten aufgeführten Augusto Pinochet und Francisco Franco. Der Post habe zum Ziel gehabt, «aufzuzeigen, dass totalitäre Systeme immer auch etatistische Systeme sind». In der Denkschule der Libertären werde Etatismus prinzipiell mit Sozialismus gleichgestellt.
Die Jungfreisinnigen sehen sich zwar nicht als Vertreter dieser libertären Denkschule, aber als «konsequent liberal». «Da gibt es natürlich viele Überschneidungen, wie auch unser Slogan ‹Mehr Freiheit - Weniger Staat› zeigt.» Diese Gleichstellung «linker Ideologien» mit derjenigen von Diktatoren sei «historisch und argumentativ verkürzt» ausgefallen. Zudem sei nicht gemeint gewesen, linke Positionen per se als totalitär darzustellen. «Wir wollten mit diesem provokativen Posting zum Nachdenken über links und rechts anregen», sagt Dolder. «Nichtsdestotrotz war das Posting zu provokativ, verkürzt und missverständlich.» Man habe damit keine Gefühle verletzen wollen.
Die medialen Kanäle der Jungfreisinnigen würden im Team bewirtschaftet. Das Posting vom Mittwochabend sei keine spontane Aktion, sondern vorbereitet gewesen. Nachdem man gesehen habe, welche Reaktionen ausgelöst wurden, wolle man nun Massnahmen definieren, um solche Fehltritte künftig zu vermeiden.
Dieser Artikel erschien am 27.07.2017 auf «tagblatt.ch» - Die gedruckte Version erscheint am 28.07.2017 im «St.Galler Tagblatt».