Jungfreisinnige blamieren sich mit Hitler-Vergleich

27.07.2017, 14:06 Uhr
· Online seit 27.07.2017, 12:36 Uhr
Die Jungfreisinnigen des Kantons St.Gallen haben auf Facebook und Twitter für Aufsehen gesorgt. Eine Tabelle stellt 20 «linken» zwei «rechte» Diktatoren gegenüber - dabei zählen sogar Hitler und Mussolini zu den «Sozialisten». Der Parteipräsident entschuldigt sich.
Sandro Zulian
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Von Johannes Wey - «tagblatt.ch»

Der Facebook-Post vom Mittwochabend, der auch auf Twitter verlinkt wurde, ist nach kritischen Rückmeldungen schnell wieder verschwunden. In den Sozialen Medien kursieren aber nach wie vor Screenshots.

Darin werden «berühmte Diktatoren» verglichen, sortiert nach links- und rechtsaussen. Und geht es nach dieser Aufstellung, hat die Linke in diesem zweifelhaften Wettbewerb die Nase vorn: Werden bei den Rechten nur Francisco Franco und Augusto Pinochet aufgeführt, sind es auf der Gegenseite fast 20. Wobei sogar Adolf Hitler, Benito Mussolini und der russische Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow als sozialistische respektive kommunistische Diktatoren gelistet werden.

Die Reaktionen blieben nicht lange aus. Und die Jungfreisinnigen  versuchten sich zu rechtfertigen, wie der Screenshot einer Antwort auf Facebook zeigt: Der Sozialismus habe mehr Todesopfer auf seinem Konto.

Auf Anfrage entschuldigt sich Noël Dolder, der Präsident der St.Galler Jungfreisinnigen (JFSG), im Namen seiner Partei für die inzwischen gelöschten Posts. «Die JFSG verurteilen als Partei der Freiheit jeglichen Totalitarismus und diktatorische Regime.» Man habe auch keine Sympathien für die in der Tabelle bei den Rechten aufgeführten Augusto Pinochet und Francisco Franco. Der Post habe zum Ziel gehabt, «aufzuzeigen, dass totalitäre Systeme immer auch etatistische Systeme sind». In der Denkschule der Libertären werde Etatismus prinzipiell mit Sozialismus gleichgestellt.

Die Jungfreisinnigen sehen sich zwar nicht als Vertreter dieser libertären Denkschule, aber als «konsequent liberal». «Da gibt es natürlich viele Überschneidungen, wie auch unser Slogan ‹Mehr Freiheit - Weniger Staat› zeigt.» Diese Gleichstellung «linker Ideologien» mit derjenigen von Diktatoren sei «historisch und argumentativ verkürzt» ausgefallen. Zudem sei nicht gemeint gewesen, linke Positionen per se als totalitär darzustellen. «Wir wollten mit diesem provokativen Posting zum Nachdenken über links und rechts anregen», sagt Dolder. «Nichtsdestotrotz war das Posting zu provokativ, verkürzt und missverständlich.» Man habe damit keine Gefühle verletzen wollen.

Die medialen Kanäle der Jungfreisinnigen würden im Team bewirtschaftet. Das Posting vom Mittwochabend sei keine spontane Aktion, sondern vorbereitet gewesen. Nachdem man gesehen habe, welche Reaktionen ausgelöst wurden, wolle man nun Massnahmen definieren, um solche Fehltritte künftig zu vermeiden.

Dieser Artikel erschien am 27.07.2017 auf «tagblatt.ch» - Die gedruckte Version erscheint am 28.07.2017 im «St.Galler Tagblatt».

veröffentlicht: 27. Juli 2017 12:36
aktualisiert: 27. Juli 2017 14:06

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