Keine Strafe nach Facebook-Beleidigung

· Online seit 17.10.2016, 09:51 Uhr
Ein 33-jähriger Mann aus St.Gallen wurde von Mitarbeitern der Stadtpolizei St.Gallen angezeigt, weil er die Polizei auf Facebook als «Drecksbande» beleidigt hatte. Auswirkungen hat die Sache nur bedingt - die Staatsanwaltschaft hat sich gegen eine Busse entschieden.
Claudia Amann
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Der St.Galler hatte sich an einem Radargerät gestört und die Polizei direkt für die Platzierung dessen verantwortlich gemacht. Seinem Ärger hat er spontan in einer geschlossenen Facebook-Gruppe für Verkehrsmeldungen Luft gemacht: Die Stadt müsse offenbar «Kohle einziehen» meinte er und bezeichnete die Polizei als «Drecksbande».

Unverständnis bei Verzeigtem

Die Stadtpolizei St.Gallen fühlte sich angesprochen und so zeigten sechs Mitarbeiter den Mann wegen Ehrverletzung bei der Staatsanwaltschaft an. Wie FM1Today bereits im September berichtete, konnte der Mann diese Anzeige nicht nachvollziehen und empfand das Vorgehen der Polizei «wie im Kindergarten».

Da er die Polizei im Allgemeinen und nicht individuelle Polizeibeamte beleidigt hatte, hat sich die Staatsanwaltschaft St.Gallen gegen die Aufnahme eines Strafverfahrens entschieden. Der St.Galler erhält keine Busse.

Im Kollektiv beleidigt

«Behörden oder Berufsgruppen als Kollektiv geniessen keinen Ehrenschutz», erklärt Roman Dobler in seiner Funktion als Mediensprecher der Staatsanwaltschaft St.Gallen. «Bei sogenannten Kollektivbeleidigungen, die sich gegen Personengruppen richten, ist entscheidend, ob erkennbar Einzelne betroffen sind.» Im vorliegenden Fall sei aber auf dem kommentierten Foto kein Polizist individuell erkennbar bzw. abgebildet gewesen.

Durch Bescheid beruhigt

Der 33-jährige St.Galler zeigt sich nach dem Bescheid der Staatsanwaltschaft jedenfalls erleichtert. «Es ist so gekommen, wie ich es mir erhofft hatte», sagt er gegenüber FM1Today. «Ich habe ja niemanden persönlich beleidigt und auf dem Blitzerfoto war keine Person abgebildet.» Nun sei er «happy, dass diese Angelegenheit vorbei ist» und er keine Busse bezahlen müsse.

In schlechtes Licht gestellt

Die Stadtpolizei sieht den Sachverhalt anders. «Wir haben den Entscheid der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen», sagt Mediensprecher Dionys Widmer. «Trotz des Entscheids besteht kein Freipass für Beleidigungen.» In der Regel würden Bürger wissen, dass sie sich bei unangemessenen Kommentaren selbst in kein positives Licht stellen, auch wenn ihr Handeln nicht strafbar sei.

«Werden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter direkt beschimpft und ist der Tatbestand erfüllt, werden wir auch künftig die handelnden Personen konsequent anzeigen», führt Widmer weiter aus. «Denn Social Media sind keine anonymen Plattformen und Kommentare können von vielen Personen gelesen werden.»

veröffentlicht: 17. Oktober 2016 09:51
aktualisiert: 17. Oktober 2016 09:51

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