Länger arbeiten kommt für Verkaufspersonal nicht infrage

25.02.2016, 10:53 Uhr
· Online seit 25.02.2016, 10:30 Uhr
Der Kampf gegen längere Ladenöffnungszeiten ist für die Gewerkschaft Unia noch lange nicht beendet. Eine von ihr durchgeführte Umfrage zeigt, dass eine grosse Mehrheit des Verkaufspersonals das in der parlamentarischen Beratung stehende nationale Gesetz ablehnt.
Christine König
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Der Nationalrat diskutiert das neue Ladenöffnungsgesetz am kommenden Montag. Dieses würde den Kantonen und Gemeinden Mindestöffnungszeiten werktags von 6 bis 20 Uhr und samstags von 6 bis 18 Uhr beziehungsweise 19 Uhr vorschreiben. Konkret führte dies in 14 von 26 Kantonen zu längeren Öffnungszeiten.

Im Ständerat war das Geschäft in der Herbstsession äusserst umstritten: Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten entschied die kleine Kammer, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Nationalratskommission hingegen möchte zustimmen.

Schlechtere Arbeitsbedingungen

Für das Verkaufspersonal kommen landesweite Mindestöffnungszeiten indes nicht infrage, wie eine am Donnerstag publizierte Unia-Umfrage bei über 2500 Verkäuferinnen und Verkäufern in der ganzen Schweiz zeigt. Für die Gewerkschaft ist dies nicht überraschend: «Das neue Gesetz verschlechtert die Arbeitsbedingungen von vielen Verkäuferinnen und Verkäufern», schreibt sie in einer Mitteilung.

Die Resultate sind eindeutig: 96 Prozent des befragten Verkaufspersonals lehnen das neue Gesetz ab, nur knapp 2 Prozent stimmen zu. Zwischen der Deutsch- und der Westschweiz gibt es laut Unia kaum Unterschiede, ebenso wenig zwischen Kantonen mit stark liberalisierten und solchen mit eher eingeschränkten Öffnungszeiten.

«Dass die Ablehnung noch ausgeprägter ist als in früheren Umfragen, dürfte mit der konkreten Bedrohung durch das neue Gesetz zusammenhängen», schreibt die Unia. In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Gfk hatten sich im Jahr 2013 noch rund 85 Prozent der Verkäuferinnen und Verkäufer gegen Abend- oder Sonntagsarbeit ausgesprochen.

Das klare aktuelle Resultat erkläre sich aus verschiedenen Faktoren, teilt die Gewerkschaft mit. Schon heute seien die Verkaufsangestellten nur schlecht vor langen Arbeitstagen geschützt. Die Hälfte von ihnen unterstünden keinem Gesamtarbeitsvertrag. «Aber auch die existierenden GAV schützen kaum vor überlangen Arbeitstagen.»

Längere Öffnungszeiten machten zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch schwieriger. Schliesslich sei die Arbeit im Detailhandel oft prekär, der Einsatz der Beschäftigten werde wenig honoriert. Von den 320'000 Angestellten verdienen laut Unia 50'000 weniger als 4000 Franken im Monat.

Unia fordert GAV

Statt des Gesetzes fordern die Gewerkschafter darum einen allgemein verbindlichen, im Gesetz verankerten Gesamtarbeitsvertrag, «der die Öffnungszeiten an gute Arbeitsbedingungen knüpft». Doch die grossen Dachorganisationen des Detailhandels hätten sich bisher geweigert, darüber zu verhandeln.

Nun sei es am Nationalrat, die Anliegen des Verkaufspersonals zu berücksichtigen, fordert die Gewerkschaft. Falls dies nicht geschehe, werde gegen das Gesetz das Referendum ergreifen.

Einen weiteren Stimmungstest gibt es bereits am kommenden Sonntag. Dann stimmt das Tessin über ein Referendum ab, das sich gegen die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten stellt. Ergriffen hat es die Tessiner Sektion der Gewerkschaft Unia. Gegen sie wendet sich die Kantonsregierung, der Einzelhandel und Tourismusverbände.

Ausländer ins Tessin zu locken, ist unter anderem das Ziel der lokalen Tourismusverbände. Verlängerte Ladenöffnungszeiten könnten dabei ein entscheidendes «Verkaufsargument» für die Tessiner Destination darstellen, teilte Ticino Turismo mit.

Gemäss einem Dekret des Tessiner Staatsrats ist das neue Gesetz an den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrags für die Branche gebunden.

veröffentlicht: 25. Februar 2016 10:30
aktualisiert: 25. Februar 2016 10:53
Quelle: SDA

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