«Lieber gehe ich ins Gefängnis»

03.03.2016, 11:12 Uhr
· Online seit 02.03.2016, 22:04 Uhr
Der Bosnier Emir Tahirovic ist nicht gerade der Lieblingsbürger in St.Margrethen. Er bekommt Hassbriefe und von allen Seiten wird seine Ausschaffung gefordert. Jetzt liegt gar ein Haftbefehl gegen den streng gläubigen Moslem vor. Er lässt sich davon nicht beeindrucken und macht im Gespräch mit SVP-Nationalrat Lukas Reimann seine Standpunkte klar.
Lara Abderhalden
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«Sie können freiwillig gehen! Sie sind hier nicht mehr akzeptiert, gehen sie doch einfach!», mischt sich ein Gast in das Gespräch zwischen Lukas Reimann und Emir Tahirovic ein. Diese treffen sich für die Sendung Rundschau in einer Beiz. Lukas Reimann hat Tahirovic soeben vorgeworfen, dass sich dieser null integrieren wolle. Er wolle absolut nichts mit der Bevölkerung unternehmen, sondern tue alles nach seinem Willen. Tahirovic erwidert den Vorwurf: «Seit ich den Islam praktiziere, bin ich hier nicht mehr akzeptiert. Dass die Integration gescheitert ist, ist eure Schuld, ihr seid gescheitert!»

Ein Raunen geht durch das Restaurant und die ersten Bürger melden sich zu Wort. Sie wollen Tahirovic nicht mehr länger in St.Margrethen haben. Sie haben genug. Es ist das erste Mal, dass sich der Bosnier unter die Bevölkerung mischt und es wird wohl auch das letzte Mal sein.

Die Vorgeschichte

Emir Tahirovic hat für nationales Aufsehen gesorgt, als er darauf bestand, dass seine Tochter in der Schule ein Kopftuch zu tragen hat. Die Schulleitung hat dies jedoch verboten. Tahirovic ging bis vor das Bundesgericht mit dem Fall und bekam schliesslich Recht.

Der jüngste Fall: Der Bosnier verbietet seinen Kindern in den Schwimmunterricht zu gehen, auch im Ganzkörperbadeanzug: «Da kann man immer noch die Körperlinien, die Brust sehen und bei einer Körperbedeckung soll man die Konturen nicht sehen», rechtfertigt er seinen Entscheid. Auch ein Imam sagt gegenüber der Rundschau, dass es islamisch gesehen nicht erlaubt sei, schwimmen zu gehen. Fast alle Muslime würden sich jedoch den Regeln der Schweiz anpassen und ihre Kinder trotzdem in den Schwimmunterricht schicken.

Für Emir Tahirovic hat dieses Verbot rechtliche Konsequenzen. Eine Anzeige der Schule St.Margrethen bleibt lange ungehört. Sie zeigen ihn wegen mehrfacher Verletzung der Erziehungspflicht an. Alle Bussen und Anzeigen bleiben vorerst erfolglos. Erst als sich die Staatsanwaltschaft einschaltet, folgt der erste Strafbefehl. Die Staatsanwaltschaft fackelt nicht lange und auferlegt Emir Tahirovic eine unbedingte Haftstrafe von vier Monaten.

«Ich gehe lieber ins Gefängnis, als dass ich diese Sache erlaube und dadurch eine grosse Sünde wenn nicht gar Unglauben begehe», so die Reaktion von Tahirovic auf den Haftbefehl.

Nicht akzeptiert

Was bei vielen für Unmut sorgt: Tahirovic ist Sozialhilfebezüger. Er bekommt jeden Monat 3'800 Franken. «Tahirovic stellt die Scharia über die Rechtsordnung. Er hat keinen Job und diese Grundhaltung darf man nicht stützen», so der Gemeindepräsident von St.Margrethen Reto Friedauer. Hätte er die Möglichkeit, würde er Tahirovic ausschaffen.

Tahirovic ist sich bewusst, er steht unter Druck. Nicht zuletzt durch die Standesinitiative, welche gestern vom St.Galler Kantonsrat beschlossen wurde. Diese erlaubt es, renitente Ausländer, die sich der Integration verweigern, auszuschaffen.

«Ich hätte St.Margrethen schon lange verlassen, hätte ich nicht meine Familie hier», sagt er. Wenn er wüsste, dass er in Bosnien eine Wohnung hätte, würde er sofort gehen. Ganz ohne nichts, werde er die Schweiz nicht verlassen. Nur unter Zwang bringe man ihn von hier weg.

(red)

 

 

veröffentlicht: 2. März 2016 22:04
aktualisiert: 3. März 2016 11:12

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