Marbacher Floristin dekoriert das WEF

10.01.2018, 16:27 Uhr
· Online seit 10.01.2018, 16:26 Uhr
Vor einem Jahr schnupperte die Marbacherin Karin Baumgartner erstmals die Luft des Weltwirtschaftsforums in Davos. Dieses Jahr dekoriert sie dort mehrere Events und Büros. Wegen der Sicherheitskontrollen ist die Planung besonders anspruchsvoll.
Stephanie Martina
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Der Rheintaler/Monika von der Linden

Sieben Jahre lang führte Karin Baumgartner die «Blumeria» in Marbach, als sie eine überraschende Anfrage erhielt: Sie möge eine Eventagentur darin unterstützen, das Weltwirtschaftsforum in Davos - kurz WEF - mit Blumen und Pflanzen zu dekorieren.

Im Jahr 2017 gestaltete sie dort eine sieben mal zweieinhalb Meter grosse «Greenwall» aus Grünpflanzen. Den Eindruck zu erwecken, es handle sich um ein Exemplar aus dem Urwald, gelang ihr so gut, dass sie dieses Jahr einen viel grösseren Auftrag erhalten hat. Die Eventagentur schenkt ihr das Vertrauen, in ihrem Auftrag die ganze floristische Dekoration zu arrangieren. «Letztes Jahr durften wir am WEF schnuppern, dieses Jahr sind wir mittendrin», sagt Karin Baumgartner.

Mittendrin sein bedeutet, dass Karin Baumgartner und ihr Team Arrangements herstellen werden, von denen keines dem anderen gleicht. Damit sie herausfindet, welcher Stil zu den ­einzelnen Kunden passt, haben sie und die Eventagentin einen Nachmittag lang etwa zwanzig Dossiers besprochen. Welche Schnittblumen zu einem Event passen, erkennt Baumgartner am Raumkonzept.

Blumen je nach Einrichtung

Von der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen werden die Büros und Sitzungsräume, in denen Unternehmen ihre Kunden empfangen. Dafür werden in den Wochen vor dem WEF ­Ladenlokale komplett leer geräumt und individuell umgebaut. «Unser Kunde möchte seinem Kunden eine passende Atmosphäre bieten. Und da kommen wir ins Spiel», sagt Karin Baumgartner. An den Möbeln und der Einrichtung erkennt die Vollblutfloristin, welche Blumen und Pflanzen in welchem Stil sie wählen wird. Wie sie das im Detail macht, bleibt ihr und ihrer Kreativität überlassen.

Freie Hand beim Einkauf zu haben, sei die Voraussetzung für die gewünschte Perfektion. Nur dann könne die Farbe einer Blüte hundertprozentig passen, sagt Karin Baumgartner.

Mehr als eine Vase mit Schnittblumen

Spannend sei es, in eine andere Welt zu schauen und sich in die internationale Kundschaft ­hineinzuversetzen. «Es reicht nicht aus, dass ich eine Vase mit Schnittblumen auf die Tische stelle.» Manche Kunden stammen aus Ländern, in denen es die Menschen pompös lieben. Edle Kristallvasen füllt Baumgartner deshalb mit vielen Exoten. Das gilt hierzulande als überladen, weil die einzelne Blume nicht mehr zur Geltung kommt. An­deren Kunden gefällt es, einen einzelnen Halm in einer Vase zu sehen. «Ich muss den Kunden nicht kennen, um das einschätzen zu können. Ich sehe einem Raum an, wer darin lebt.»

Ausliefern darf nur, wer nicht vorbestraft ist

Den Auftrag pünktlich erfüllen zu können, fordert Karin Baumgartner nicht allein in ihrer handwerklichen Kompetenz. Sie muss auch logistische Hürden überwinden. «Fast hätte ich ein Visum beantragen müssen», sagt sie ­lachend. Eine Ausweiskopie von sich und jeder ihrer Mitarbeiterinnen musste sie aber einreichen. Eine Eintrittsberechtigung in die Eventräume gibt es nur bei weisser Weste.

Karin Baumgartner rechnet damit, dass sich die Lieferzeit mit dem Bus von Marbach zum Veranstaltungsort um bis zu 90 Minuten verzögern kann. «Damit keinem Terroristen in den Sinn kommt, er könnte in einer Vase eine Bombe verstecken, werden wir am Gebäudeeingang kontrolliert wie an einem Flughafen-Check-in. Dafür muss noch nicht einmal eine prominente Persönlichkeit angekündigt sein.» Im Raum, in dem Karin Baumgartner letztes Jahr die «Greenwall» errichtete, trat später die Band The Black Eyed Peas aus Los Angeles auf. Deshalb war aber niemand besonders nervös. «Sie haben alle rotes Blut», sagt Baumgartner.

«Es gibt für alles eine Lösung»

Zwei Wochen, bevor das Weltwirtschaftsforum am 23. Januar beginnt, ist Karin Baumgartner zuversichtlich, dass sie und ihr Team sich bewähren werden. «Es gibt für alles eine Lösung», sagt sie und erzählt, wie sie das bereits bewiesen hat und der Eventagentin aus einer misslichen Lage geholfen hat. Deren Lieferantin für 300 Hawaiigirlanden hat ihre Zusage widerrufen. Anhand einer Fotografie hat Karin Baumgartner einen Prototyp kreiert. Vielleicht resultiert daraus ein neuer Auftrag.

In den Fernsehübertragungen des WEFs wird man Karin Baumgartner nicht sehen. Aber es ist durchaus möglich, dass eines ihrer Arrangements über den Bildschirm flimmert.

Dieser Artikel erschien am 10. Januar in der Zeitung «Der Rheintaler».

veröffentlicht: 10. Januar 2018 16:26
aktualisiert: 10. Januar 2018 16:27

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