Marcel Koller und der Fussball-Hype in Österreich

10.11.2015, 14:47 Uhr
· Online seit 10.11.2015, 14:00 Uhr
Marcel Koller wird in Österreich nach einem eher verhaltenen Empfang im Jahr 2011 inzwischen verehrt. «Österreich ist ja nicht nur eine Ski-Nation», sagt der Zürcher zum landesweiten Fussball-Hype.
Christoph Fust
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Mit der souveränen EM-Qualifikation hat der 55-jährige Koller eine anhaltende Euphorie ausgelöst. Das Nationalteam ist begehrt wie seit den Neunzigerjahren nicht mehr. Auch den EM-Test gegen die Schweiz am kommenden Dienstag werden in Wien weit über 30'000 Anhänger zelebrieren.

Die erstklassige Arbeit von Koller als Trainer der ÖFB-Auswahl wird mit Spezial-Awards honoriert, anfängliche Kritiker wie der Ex-Nationalcoach Herbert Prohaska reihen inzwischen eine Laudatio an die nächste. Der Geehrte gibt sich demütig: «Natürlich nimmt man den öffentlichen Applaus gerne mit. Aber ich bin nicht der Typ, der die Zuneigung auskostet oder sogar ausnützt.»

Hinter dem kräftigen Aufschwung steckt nicht nur ein ausgeklügeltes taktisches Konzept, die markanten Fortschritte basieren auch auf zwischenmenschlichen Faktoren. Koller hat primär im Bereich der Teambildung wichtige Grundlagen geschaffen: «Akteure, die mit Lust statt Stress einrücken, können sich besser identifizieren mit dem Nationalteam.»

Zum intakten Spirit passt die erstklassige Bilanz Kollers. Innerhalb von vier Jahren rückte Österreich unter seiner Leitung im FIFA-Ranking um 66 Plätze auf Position 11 vor - nur drei seiner 20 Ausscheidungs-Partien hat Koller verloren. Die Gruppenphase beendete die Equipe ungeschlagen vor Russland und Schweden. Von 53 Verbänden haben statistisch nur die makellosen Engländer einen höheren Output erzielt als «Rotweissrot» mit 28 Punkten.

In dem ausführlichen Gespräch mit der Sportinformation richtet Koller den Blick bereits nach vorne: «Wichtig wird sein, dass wir uns nicht ausruhen und nicht nur geniessen. Wir müssen weiterhin ausnahmslos ans Limit gehen. Schon im nächsten Spiel kann ich mir für den grossen Zuspruch der letzten Wochen nichts mehr kaufen.»

Vor zwei Jahren hat Koller eine Offerte der Schweizer Verbandsführung ausgeschlagen. Im Sommer nach der Endrunde läuft der Vertrag mit dem ÖFB aus. Prognosen macht er keine, er sagt nur: «Die Gespräche werden geführt.» Und: «Ich schaue immer auf das ganze Bild.» Oder: «Die Zeit drängt nicht.» Gegen eine Fortsetzung seines Wiener Weges spricht wenig.

veröffentlicht: 10. November 2015 14:00
aktualisiert: 10. November 2015 14:47
Quelle: SI

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