«Matterhorn» - Bergsteiger-Musical mit Tiefgang

18.02.2018, 13:10 Uhr
· Online seit 18.02.2018, 12:58 Uhr
Die singenden Gipfelstürmer vom Matterhorn erobern die Herzen des St.Galler Theater-Publikums: «Matterhorn», das erste Musical von Albert Hammond, feierte am Samstag im Beisein des Komponisten eine umjubelte Uraufführung.
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Das Musical spielt in Zermatt im Jahr 1865, vor der imposanten Kulisse des Matterhorns, das sich im Bühnenbild (Peter Davison) in einem Bergsee spiegelt. Protagonist ist der jugendliche Engländer Edward Whymper, überzeugend gespielt und gesungen von Oedo Kuipers, der als Erster das Matterhorn bezwingen will.

Die von Regisseur Shekhar Kapur dramatisch ins Szene gesetzte Expedition gelingt. Whymper und seine Seilschaft erreichen den Gipfel des Viertausenders vor ihren Konkurrenten aus Italien. Doch kaum hat Whymper - «Dem Himmel nah» - seinen Triumph besungen, stürzen beim Abstieg drei Bergsteiger in die Tiefe. Ein Seilriss rettet Whymper das Leben.

Gekonnter Musik-Mix

Songwriter Albert Hammond hat für «Matterhorn» verschiedenste Musikstile kombiniert, von Rap und Hip-Hop, Rock und Pop, Chansons bis zu Klassik und Folklore. Nach dem eher braven Auftakt mit Heimatklängen («Zermatt bleib ich treu») und Alphorn gewinnt das Stück an Intensität und an musikalischem Pep.

Die von einer Live-Band gespielte Musik springt, präzise abgestimmt auf die Handlung, gekonnt zwischen Stilen und Stimmungen hin und her. Zu den Leckerbissen gehört der Song «Mehr Erfolg», in dem das Hotelierpaar (Patricia Hodell und Ramin Dustdar) dank der Matterhorn-Besteigung auf einen Touristenboom hofft. Das Hotelpersonal legt dazu eine witzige Tanznummer (Choreografie Jonathan Huor) hin.

Gefeierter Komponist

Albert Hammond wurde, als er am Schluss gemeinsam mit Autor Michael Kunze auf die Bühne trat, vom Premierenpublikum gefeiert. Für die Sängerinnen und Sänger, das Tanzensemble und die Musiker gab es lang anhaltenden Applaus.

Als «Berge» dienen Projektionen von Schwarzweiss-Zeichnungen, in Anlehnung an den historischen Edward Whymper, der als Zeichner nach Zermatt kam. Effektvoll unterstützen diese Bilder die Szenen am Berg. Blass wirkt hingegen die obligate, aber zaghafte Liebesgeschichte zwischen Whymper und der Seilfabrikanten-Tochter Olivia (Lisa Antoni).

Als Gegenpart zum rücksichtslosen Ehrgeiz und Erfolgshunger der Bergsteiger tritt immer wieder die geheimnisvolle «Berggöttin» Orka auf, faszinierend gesungen und gespielt von Sabrina Weckerlin. Orka steht für die Natur, die Ganzheitlichkeit, das Schicksal und den Tod.

Mehr als ein Bergsteiger-Drama

Autor Michael Kunze wollte mehr als ein historisches Bergsteiger-Drama schreiben. «Matterhorn» handle vom höchst aktuellen Konflikt zwischen Mensch und Natur, erklärte er. Auch die Gier nach Erfolg sei «ein Problem unserer Zeit und Gesellschaft».

Als Glücksfall erweist sich Regisseur Shekhar Kapur, der in Indien auch als Umweltaktivist bekannt ist. Er sehe im Stück eine Metapher dafür, «was in der Welt vorgeht, was wir unserem Planeten antun», sagte der 72-Jährige. Er wolle hinter die Dinge schauen. Kunst sei für ihn Rebellion, «zeigen, was sein könnte».

Diese Handschrift ist in der Inszenierung sichtbar. «Matterhorn» endet nachdenklich. Whymper hat zwar den Berg bezwungen. Zum wahren Helden wird er aber durch die Niederlage, indem er die Verantwortung für den Tod der drei abgestürzten Bergsteiger auf sich nimmt.

Das Dreisparten-Theater St. Gallen profiliert sich seit 2009 als Musical-Bühne und gab bei Komponisten und Librettisten Stücke in Auftrag. Auf den «Graf von Monte Christo» als Uraufführung folgten «Moses», «Artus» und «Don Camillo und Peppone». Mit «Matterhorn» setzt das Theater erstmals auf ein Schweizer Thema.

veröffentlicht: 18. Februar 2018 12:58
aktualisiert: 18. Februar 2018 13:10
Quelle: SDA

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