Mehr kleine Kätzchen ausgesetzt

01.11.2016, 07:26 Uhr
· Online seit 31.10.2016, 17:26 Uhr
Eine Appenzeller Familie geht an einem Dienstagnachmittag spazieren. Plötzlich hört der Vater ein merkwürdiges Geräusch. «Ein Vogel konnte es nicht sein, deshalb ging ich näher ran.» Der Vater entdeckt drei junge Kätzchen und nimmt sie mit nach Hause. Jedes Jahr nimmt der Tierschutz rund 1500 Ostschweizer Katzen auf.
Fabienne Engbers
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Seit zwei Wochen sind die drei Findelkätzchen nun bei der Familie Schilter und sie fühlen sich pudelwohl. «Die Kinder würden am liebsten alle drei behalten», sagt Vater Toni. Sie müssen sich aber für eines entscheiden.

Gefunden und aufgepäppelt

Vor zwei Wochen ist die Familie am Dienstagnachmittag spazieren gegangen. Plötzlich bemerkte der Vater die Kätzchen im hohen Gras. «Sie waren nicht wirklich versteckt, direkt beim Spazierweg», sagt er.

Als die Familie merkte, dass die Kätzchen alleine und ohne Mutter waren, nahmen sie sie mit nach Hause. «Wenn wir sie nicht mitgenommen hätten, wären sie vom Fuchs geholt worden», ist sich der Familienvater sicher. Seit zwei Wochen leben die Waisenkätzchen nun bei der Familie Schilter und sie toben wie wild durch Küche und Wohnzimmer.

«Macht mich nachdenklich»

In der Natur werden die kleinen Katzen gefressen. «Da gibt es andere Wege, die Kätzchen wegzugeben, als sie einfach auszusetzen», findet Toni Schilter. «Ich hoffe, dass das nicht öfters geschieht.» Auch die Gaiser Tierärztin, Christine Locher, ist entsetzt von der Kaltblütigkeit der Menschen. «Wer auch immer diese Kätzchen ausgesetzt hat, für mich ist diese Tat entsetzlich», sagt sie.

Geschieht Öfters

Der Tierärztin sind dieses Jahr auffallend viele junge Büsi zugetragen worden. «Meist waren es ganze Würfe, die entweder im Ganzen oder verstreut ausgesetzt wurden», sagt sie. Im letzten Monat ist ihr neben dem Wurf der Familie Schilter eine weitere ausgesetzte Kätzchengruppe mit drei Jungen zugetragen worden. Zuvor wurden zwei Kätzchen dieses Wurfes überfahren, da sie an der Strasse ausgesetzt wurden.

Diese steigende Tendenz erschüttert die Tierärztin. «Entweder hat man ein Tier oder nicht und wenn man eines hat, dann trägt man auch die Verantwortung dafür», meint Christine Locher.

«Zum Bersten voll»

Auch die Tierpension Papageienhof hat dieses Jahr eine starke Zunahme von ausgesetzten Katzen bemerkt. Rund 70 Katzen sind dieses Jahr bereits in den Papageienhof gebracht worden. «Mehr als die Hälfte der Tiere, die zu uns kommen, wurden heuer ausgesetzt», sagt Leiter Marcel Jung.

Das Tierheim ist voll. Das zeigt laut Jung, dass ein Überschuss an Katzen da ist. «Jene, die ihre jungen Büsi nicht wollen oder nicht weg kriegen, setzen die Katzen halt aus.» Das löst auch bei ihm Enttäuschung aus. «Wenn man sein Tier nicht will, gibt es viele andere Lösungen, als es einfach auszusetzen und quasi dem Tod zu überlassen. Ein junges Kätzchen hat ohne Mutter keine Überlebenschancen», sagt Marcel Jung.

Fachleute wünschen sich mehr Kastrationen

Um die Zahl der ausgesetzten Kätzchen zu verkleinern, hoffen sowohl Tierärztin, als auch Tierheimleiter, dass die Leute ihre Katzen kastrieren lassen. «Wenn man das nicht selbst bezahlen kann, übernimmt auch der Tierschutz einen Teil der Kosten», sagt Tierärztin Christine Locher. Auch Marcel Jung vom Papageienhof ist dieser Meinung. «Wenn wir wegen ausgesetzten Tieren gerufen werden, finden wir teilweise nicht alle oder es ist schon zu spät. Das könnte man durch eine Kastration verhindern», meint er. Dieses Jahr musste er einen besonders schlimmen Fund erleben. «Wir holten Kätzchen, die an einem Waldrand ausgesetzt wurden. Die Kätzchen waren in einer Kartonkiste ohne Löcher und als wir ankamen, waren alle Tiere bereits erstickt».

Mausen kastrierte Katzen nicht?

Das Gerücht, dass kastrierte Katzen und Kater nicht so gut mausen können, hält sich hartnäckig bei den Bauern. «Dieses Gerücht ist ein Ammenmärchen und stimmt überhaupt nicht», sagt Tierärztin Christine Locher. Daher ist sie umso mehr dafür, dass auch Bauern ihre Katzen kastrieren lassen. Momentan bringt sie die ausgesetzten Katzen noch gut irgendwo unter. «Wenn ein junges Findelkätzchen einige Tage bei mir in der Praxis umhertigert, erweicht sich früher oder später jemand und nimmt das Büsi mit nach Hause», sagt die Tierärztin. Wenn die Aussetzung von Kätzchen aber weiter zunimmt, dürfte auch die Unterbringung von kleinen, süssen Kätzchen bald eine schwierige Angelegenheit werden.

In der Ostschweiz werden jedes Jahr rund 1500 Katzen aufgegriffen. Das bestätigt der Schweizerische Tierschutz. Diese Katzen sind aber nicht zwingend alle ausgesetzt worden, da Katzen teilweise auch selbst von ihrem Zuhause weglaufen und dann gefunden werden.

veröffentlicht: 31. Oktober 2016 17:26
aktualisiert: 1. November 2016 07:26

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