Mindestens 50 Tote bei Anschlag auf Polizeischule in Libyen

07.01.2016, 15:50 Uhr
· Online seit 07.01.2016, 11:52 Uhr
Bei einem Anschlag in Libyen sind mindestens 50 Menschen getötet und 100 verletzt worden. Ein Selbstmordattentäter jagte am Donnerstag einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen vor einer Polizeischule in Sliten in die Luft.
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Der Attentäter brachte den Lastwagen, der eigentlich zum Transport von Wasser gedacht war, nach Angaben aus Sicherheitskreisen am frühen Morgen vor der Polizeischule zur Explosion. Einem Augenzeugen zufolge hielten sich zu dem Zeitpunkt etwa 300 Menschen in dem Komplex auf, die meisten von ihnen waren Beamte, die sich auf ihren Einsatz bei der Küstenwache in der 170 Kilometer östlich von Tripolis gelegenen Stadt vorbereiteten.

Das libysche Gesundheitsministerium sprach von 50 bis 55 Toten und mindestens 100 Verletzten. Da die Opfer aber zu verschiedenen Spitälern gebracht wurden und die Lage unübersichtlich war, dürfte sich die Zahl der Toten und Verletzten noch ändern. Spitalmitarbeiter hatten zunächst von 65 Toten gesprochen.

Zeugen berichteten, Anwohner hätten Verletzte in Rettungswagen und Privatautos in die nahegelegene Stadt Misrata gebracht. Viele hätten Splitterwunden erlitten. Die Behörden riefen die Bevölkerung zu Blutspenden auf.

Das nordafrikanische Libyen steckt in einer tiefen Krise und wird seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von dutzenden bewaffneten Milizen beherrscht. Sie ringen neben den beiden rivalisierenden Regierungen und Parlamenten in Tobruk und in der Hauptstadt Tripolis um die Macht. Ausserdem hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die chaotische Lage ausgenutzt und sich in Libyen breit gemacht.

Die Zahl der IS-Kämpfer in Libyen wird auf rund 3000 geschätzt. Die Miliz kontrolliert das östliche Sirte und strebt weiter nach Westen. Sie bekämpft nicht nur die Truppen der international anerkannten, sondern auch die der konkurrierenden Regierung.

Sliten wird von der Miliz Fadschr Libya kontrolliert, die mit der Parallelregierung verbündet ist. Zu dem Selbstmordanschlag vom Donnerstag bekannte sich zunächst niemand - er trug jedoch die Handschrift des IS, der zuletzt ähnliche Attentate verübt hatten.

Der UNO-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, rief die Libyer auf, sich «im Kampf gegen den Terrorismus rasch zu vereinen». Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, einmal mehr trauerten die Libyer um Opfer eines Attentats. Das Volk habe «Frieden und Sicherheit verdient» und nun die Chance, seine Spaltung zu überwinden, erklärte sie mit Bezug auf ein ausgehandeltes Friedensabkommen.

Im Dezember hatten Vertreter der beiden rivalisierenden Regierungen ein von den Vereinten Nationen vermitteltes Abkommen zur Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung unterzeichnet. Ausserdem sollen ein neues Parlament gewählt und eine Verfassung verabschiedet werden. Die Pläne sind aber in den konkurrierenden Parlamenten noch umstritten und bislang nicht umgesetzt.

veröffentlicht: 7. Januar 2016 11:52
aktualisiert: 7. Januar 2016 15:50
Quelle: SDA

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