Mit langem Atem nach Rio

11.08.2016, 06:54 Uhr
· Online seit 11.08.2016, 06:45 Uhr
Heute Donnerstag reitet Marcela Krinke Susmelj mit Molberg ins Dressur-Viereck. Die Tierärztin verkaufte ihre Praxis, um den Olympiatraum wahrzumachen. «Ich freue mich riesig. Rio bedeutet mir viel, nachdem ich vor vier Jahren London knapp verpasste», schwärmt Krinke Susmelj.
Laurien Gschwend
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«Mein grösster sportlicher Traum geht in Erfüllung.»

Die gebürtige Tschechin macht keine halbe Sachen. Das spürt man nach wenigen Gesprächsminuten und dies widerspiegelt sich auch in ihrem Lebenslauf. Als kleines Mädchen kam die Doppelbürgerin nach den Wirren des Prager Frühlings nach Basel, studierte in Zürich, eröffnete als Herzspezialistin für Hunde und Katzen eine eigene Praxis und wurde Mutter eines inzwischen 24-jährigen Sohnes und einer 19-jährigen Tochter. «Ich bin eine Perfektionistin. Entweder gebe ich alles, oder ich lasse es sein», sagt Krinke Susmelj.

Vor ein paar Jahren folgte der entscheidende Schritt mit Blick auf ihre Karriere als Sportlerin. Krinke Susmelj verkaufte ihre Praxis, um ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Sie setzte auf den Dressursport, kaufte mit ihrem Mann Ivan, einem Reitlehrer, einen Reitstall. Sie hängte ihren gelernten Beruf an den Nagel und managt nun in Rotsee einen Betrieb mit 40 Pferden. In Irene Meyer von smeyers Immobilien AG Emmen hat sie zudem die Sponsorin für ihre Leidenschaft gefunden.

Wer aber glaubt, die 50-Jährige könne sich nun voll und ganz auf ihre Passion konzentrieren, verkennt die Realität. Als Geschäftsführerin ist ihr Alltag ausgefüllt, die Löhne für die Angestellten müssen erwirtschaftet werden. Die vier Stunden, die sie täglich mit ihrem Olympia-Pferd Molberg verbringt, muss sie sich zwischendurch stehlen. Vor einem Monat hatte Krinke Susmelj nochmals eine Besprechung mit ihrem Mentalcoach. Die Sitzung war kurz, die Konsequenz klar. «Die Hälfte von dem, was in deiner Agenda steht, musst du jetzt streichen. Sonst startest du in Rio mit leerem Tank», meinte der Psychologe.

Krinke Susmelj kam über das Springen zur Dressur. «Die Dressur braucht einen längeren Atem, das hat mich fasziniert», begründet sie den Disziplinenwechsel. «Der Erfolg stellt sich erst nach und nach ein. Bei einem Dressurpferd kann man nicht rasch den Reiter tauschen wie beim Springreiten. Die Feinabstimmung dauert viel länger, die Bindung zwischen Pferd und Reiter ist sehr intensiv.»

Das Duo hat sich in den Lektionen stetig verbessert, Krinke Susmelj lobt ihren «Molle». «Seine Stärken sind die Passagen, mittlerweile klappen auch die Piaffen gut, er hat Fluss drin», beschreibt sie die Stärken ihres 15-jährigen Wallachs. «Seine Schwächen sind die Pirouetten. Alles, was an Ort und Stelle ist, macht er hingegen nicht so gern. Und auch sein Schritt ist nicht ein Highlight.»

Gleichwohl. Die Klasse ist vorhanden, das Duo absolut olympiawürdig. Das Paar Molberg/Krinke Susmelj will in Rio den Final erreichen. Das offene Stadion sollte dem Wallach, der sich in der Enge oft nervös verhält, behagen. Zur Kür sind nach den beiden Pflicht-Qualifikationen Grand Prix und Grand Prix Spécial die besten 18 Reiter zugelassen. «Hier wollen wir hin», betont die Power-Frau.

veröffentlicht: 11. August 2016 06:45
aktualisiert: 11. August 2016 06:54
Quelle: SDA

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