Moskau: Erdogan persönlich in Öl-Handel mit IS verstrickt

02.12.2015, 18:48 Uhr
· Online seit 02.12.2015, 14:43 Uhr
Russland erhebt im Konflikt mit der Türkei schwere Vorwürfe: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan soll persönlich in den Ölhandel mit dem IS verstrickt sein. Erdogan bezeichnete die Vorwürfe als «emotional», kündigte aber Massnahmen an, sollten diese andauern.
Christoph Fust
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Die Vorwürfe erhob der russische Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow am Mittwoch in Moskau vor hunderten Journalisten. Es habe sich herausgestellt, dass die Türkei der «Hauptkonsument dieses von seinen rechtmässigen Besitzern Syrien und Irak geklauten Erdöls» sei, sagte Antonow.

«Laut den verfügbaren Informationen ist die führende politische Klasse, darunter Präsident Erdogan und seine Familie, in diesen illegalen Handel verstrickt.» Der «Zynismus der türkischen Regierung» sei «grenzenlos», sagte Antonow.

Laut Russlands Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoi hat Moskau mit Hilfe von Satellitenaufnahmen die drei wichtigsten Wege für Öl von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in die Türkei ermittelt. An der Grenze würden Tanklastwagen unkontrolliert von türkischen Behörden in das Land gelassen, sagte Rudskoi.

Erdogan kündigte am Mittwoch zunächst an, dass Ankara auf Russlands «emotionale» Reaktionen nicht auf gleiche Weise reagieren werde. Russische Bürger in der Türkei müssten keine Nachteile befürchten. Später sagte er bei einem Besuch in Katars Hauptstadt Doha, niemand habe das Recht, seine Familie zu «verleumden». Sollte das andauern, werde die Türkei «selbst Massnahmen ergreifen».

Er kündigte zudem erneut seinen Rücktritt an, sollte Moskau beweisen, dass die Türkei IS-Öl beziehe. «Diejenigen, die solche Verleumdungen betreiben, müssen sie beweisen. Sobald sie sie beweisen, werden ich nicht einmal eine Minute länger auf diesem Präsidentensitz bleiben.» Sollte es keine Beweise geben, «sollten diejenigen, die diese Verleumdungen betreiben, zurücktreten».

Treffen zwischen Aussenministern

Am 24. November hatte die türkische Armee im türkisch-syrischen Grenzgebiet einen russischen Kampfjet abgeschossen; einer der beiden Piloten wurde später in Syrien getötet. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Moskau und Ankara äusserst gespannt.

Nach türkischer Darstellung verletzte die Besatzung den Luftraum. Russland hat dagegen erklärt, die Maschine habe sich nur in Syrien aufgehalten. Russland hat unterdessen ein Bündel von Sanktionen gegen die Türkei beschlossen.

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow kündigte am Mittwoch trotz der Spannungen ein Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu an. «Wir werden uns anhören, was er zu sagen hat», sagte Lawrow bei einem Besuch in Zypern.

Das Gespräch soll demnach am Rande eines Treffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag und Freitag in der serbischen Hauptstadt Belgrad stattfinden. Er entspreche damit einer Bitte Ankaras, sagte Lawrow.

Türkei soll Grenze abriegeln

Im Kampf gegen den IS ist die Türkei nach Angaben von US-Aussenminister John Kerry zu einer vollständigen Abriegelung der Grenze nach Syrien bereit.

«Es gibt einen 98-Kilometer-Abschnitt der Grenze, der noch geschlossen werden muss», sagte Kerry in Brüssel. Erdogan habe zugesagt, diesen Sektor abzuriegeln. Der betroffene Grenzabschnitt wird auf der syrischen Seite vom IS kontrolliert.

«Es ist genauso im Interesse der Türkei, die Bewegung von illegal transportiertem Öl oder den Übergang ausländischer Kämpfer in die eine oder die andere Richtung abzuriegeln», sagte Kerry. «Ich bin zuversichtlich, dass die Türkei versteht, wie wichtig das sein wird.»

veröffentlicht: 2. Dezember 2015 14:43
aktualisiert: 2. Dezember 2015 18:48
Quelle: SDA

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