Nationalrat will Zweck der Schuldenbremse gesetzlich absichern

28.11.2016, 18:00 Uhr
· Online seit 28.11.2016, 17:31 Uhr
Der Nationalrat will die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse nicht aufweichen. Mit einer Kommissionsmotion möchte er den Bundesrat beauftragen, eine Anpassung der bisherigen Regeln auf Gesetzesweg auszuschliessen.
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Der Entscheid in der grossen Kammer fiel am Montag mit 94 zu 86 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Eine Mehrheit aus SVP, FDP und BDP verhalf dem Vorstoss zum Erfolg. Der Bund soll aus ihrer Sicht weiterhin Schulden abbauen und nicht mehr Geld ausgeben.

Beim ersten Geschäft der Wintersession im Nationalrat fand der Luzerner FDP-Finanzpolitiker Albert Vitali klare Worte, was eine mögliche Aufweichung der Schuldenbremse betrifft. «Es wäre gefährlich, die Tür nur einen Spalt weit zu öffnen.» Der Schritt zurück zur Schuldenwirtschaft der Neunzigerjahre sei nicht weit.

Der Bund sitze noch immer auf einem Schuldenberg von über 100 Milliarden Franken. «Die Gefahr besteht, dass dieser wieder anwächst», sagte Thomas Aeschi (SVP/ZG). Mit der Schuldenbremse könne der heutige Fehlbetrag in kleinen Schritten abgebaut werden.

Gegen die Motion sprachen sich die Vertreter von SP, Grünen, GLP und eine Mehrheit der CVP aus. Nach einer Reihe von Jahren mit Überschüssen wird von dieser Seite der Ruf nach einer Lockerung der Schuldenbremse laut.

Für Jean-Paul Gschwind (CVP/JU) geht es keinesfalls darum, das finanzpolitische Instrument ganz auszuhebeln, wie er im Rat sagte. Es brauche aber einen flexibleren Umgang mit Überschüssen. Die Motion verfolge das gegenteilige Ziel: eine Zementierung des Schuldenabbaus.

Dieser dürfe aber nicht um jeden Preis erfolgen, sagte der Solothurner SP-Finanzpolitiker Philipp Hadorn. «Wir dürfen nicht einfach Gelder anhäufen und Fehlprognosen an den Tag legen.» Eine Schuldenbremse, die eigentlich nur sogenannt nicht oder schwach gebundene Ausgaben beeinflussen könne, wirke kontraproduktiv auf Gesellschaft und Wirtschaft.

Auch der Bundesrat zieht zumindest in Betracht, die Regeln der Schuldenbremse anzupassen. Bis Ende Jahr will die Regierung in einem Bericht darlegen, ob Überschüsse unter Umständen für andere Zwecke als die Schuldenreduktion verwendet werden könnten. Eine Idee ist, Kreditreste ins Folgejahr zu übertragen, statt sie für den Schuldenabbau zu verwenden.

Laut Finanzminister Ueli Maurer hat der Bundesrat den Bericht noch nicht zur Kenntnis genommen. «Wir denken nicht daran, der Schuldenbremse in der Verfassung an den Kragen zu gehen», sagte er. Es gehe nur um mögliche kleine Anpassungen, um die Wirkung der Schuldenbremse etwas zu verlangsamen. Allfällige Vorschläge würden dem Parlament vorgelegt.

Da der Bundesrat zuerst das Resultat der Prüfung abwarten und auch nicht einer allfällig folgenden Behandlung im Parlament vorgreifen will, lehnt er die Motion ab. Trotzdem dürfte Maurer froh sein, dass der Nationalrat die Regierung mit Annahme der Motion nun vorsorglich ausgebremst hat. Er selbst bekannte sich in der vergangenen Herbstsession klar zur Beibehaltung der Schuldenbremse.

Zur Zukunft der Schuldenbremse ist eine weitere Motion von CVP-Nationalrat Leo Müller (LU) hängig. Mit dieser möchte er gesetzliche Grundlagen schaffen, wonach Bundesrat und Parlament Überschüsse im Bundeshaushalt nicht vollständig für den Schuldenabbau einsetzen müssen.

Zur Hälfte soll das Ertragsplus für den AHV-Ausgleichsfonds verwendet werden, sofern die Netto-Schuldenquote maximal 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) beträgt.

Ebenfalls zu reden geben wird das Instrument der Schuldenbremse in der bevorstehenden Debatte zum Voranschlag 2017. Auch hier kommt eine Lockerung der Schuldenbremse für die Bürgerlichen nicht infrage. Der Bundesrat dagegen möchte Ausgaben von 400 Millionen Franken im Asylbereich über ein ausserordentliches Konto laufen lassen, um die Schuldenbremse einhalten zu können.

Als die Schuldenbremse 2003 eingeführt wurde, beliefen sich die Bruttoschulden des Bundes auf 124 Milliarden Franken. Seither konnten sie bis Ende 2015 auf knapp 104 Milliarden reduziert werden. Die Schuldenquote sank von rund 26 Prozent auf 16 Prozent des BIP. Laut Bundesrat ist die Schweiz damit im internationalen Vergleich sehr gut positioniert.

Die Schuldenbremse gilt für alle Bereiche bis auf die Sozialversicherungen. Die Renten und Ergänzungsleistungen sind über Gesetze geregelt und unterstehen deshalb nicht dieser Ausgabenbegrenzung.

veröffentlicht: 28. November 2016 17:31
aktualisiert: 28. November 2016 18:00
Quelle: SDA

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