Naturbestattungen sind im Trend

11.01.2017, 10:07 Uhr
· Online seit 11.01.2017, 06:32 Uhr
Immer häufiger wenden Menschen der Kirche den Rücken zu und wollen eine Bestattung in der Natur. Ihnen ist wichtig, dass sie ihr Schicksal selber in die Hand nehmen können und an einem Ort begraben werden, an dem sie der Natur etwas zurück geben können. In sogenannten Bestattungswäldern sind Bäume häufig schon Jahre vor dem Tod reserviert.
Lara Abderhalden
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«Jeder kann sich auf öffentlichem Boden, beispielsweise in Wälder oder Seen, bestatten lassen», sagt Beat Rölli von der Schweizer Naturbestattung. Er organisiert wie er sagt «die letzte Reise». Seinen Job vergleicht er mit dem eines Reiseveranstalters. Er organisiert allfällige Bewilligungen, wenn nötig einen Helikopter oder ein Flugzeug und fädelt gar Bestattungen auf dem Gletschter ein. «Es ist alles möglich, wir versuchen den Menschen ihren letzten Wunsch zu erfüllen.»

Der Natur etwas zurück geben

«Es ist oft ein inniger Wunsch der Menschen, dass sie ihr Ableben selbst organisieren können», erklärt Rölli. Dafür können sie bei Beat Rölli einen sogenannten Vorsorgevertrag abschliessen. In diesem ist ihre Bestattung vertraglich festgehalten. Unter den Kunden von Beat Rölli sind nicht nur schwer kranke Menschen sondern auch viele Junge. «Es gibt viele, die sind erst um die 40 Jahre alt und möchten dennoch schon jetzt wissen, dass sie nach ihrem Wunsch bestattet werden.»

Für die Naturbestattung gibt es weder Regeln noch muss man eine bestimmte Glaubensrichtung haben: «Die einzige Regel die es gibt, ist die Feuerbestattung», der Leichnam muss also zuerst eingeäschert werden.  Ausserdem gibt es je nach Form der Naturbestattung verschiedene Bewilligungen die es einzuholen gilt. «Wird eine Person im Wald bestattet, muss man gewährleisten, dass nur im Wald bestattet wird, was auch in den Wald gehört.» Es darf die Asche gestreut und ein Schild von Maximal 100 Quadratzentimeter angebracht werden.

Bestattungen aus der Luft

Auch für Streuungen aus der Luft braucht es Bewilligungen: «Wird die Asche aus dem Flug gestreut, braucht es eine Bewilligung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt BAZL. Man muss wissen, in welchem Gebiet man fliegen darf und muss natürlich ein Fluggerät wie ein Helikopter oder Kleinflugzeug organisieren», erklärt Beat Rölli. Aus dem Flugzeug dürfen keine Gegenstände geworfen werden. Da die Asche aber gemahlen ist, ist die Streuung in den meisten Fällen erlaubt.

Wird die Asche über einem Gletscher gestreut ist kurioserweise das Amt für Abfallentsorgung dafür zuständig. Es muss geklärt werden, ob die Asche den Gletscher gefährdet und ob sie im Schnee vergeht. Auch bei einer Bestattung im See gibt es Richtlinien: «Beim See muss man einen bestimmten Abstand zum Ufer einhalten, damit Passanten von der Bestattung nicht gestört werden. Die Asche darf nur in der Mitte eines Sees gestreut werden.» So könne auch verhindert werden, dass ein Schwimmer zufällig in die Asche schwimmt.

Naturbestattungen sind ein lukratives Geschäft

Das Naturbestattungen immer beliebter werden kann auch Ueli Sauter von der FriedWald GmbH bestätigen. Ueli Sauter ist der Erfinder der Baumbestattung und bietet an 70 Standorten in der Schweiz sogenannte Friedwälder an. Wälder also, in denen man Bäume für seine Bestattung reservieren kann. «Über die Jahre ist die Nachfrage gestiegen. Sicher auch weil immer mehr Menschen eine Alternative zum kirchlichen Begräbnis suchen», schreibt die FriedWald GmbH auf Anfrage. Die Hälfte ihrer Kunden würden sich vorsorglich ein Nutzungsrecht kaufen. Sich also schon zu Lebzeiten Gedanken über ihr Ableben machen.

Natürlich kosten Naturbestattungen dieser Art. «Es gibt viele Naturbestatter, die nur auf das Geld aus sind», so Beat Rölli. Es sei ein lukratives Geschäft, denn alle müssen eines Tages sterben. Viele würden das ausnutzen und horrende Preise für Naturbestattungen verlangen. Hinzu komme, dass viele Menschen aus dem Ausland sich in der Schweizer Natur bestatten lassen wollen: «In Deutschland beispielsweise sind Naturbestattungen sehr kompliziert, deshalb kommen viele zu uns in die Schweiz. Die Nachfrage ist gross.»

Ans Ausnutzen denk Beat Rölli nicht, für ihn ist der Job eine Berufung: «Ich möchte den Menschen die Angst vor dem Sterben nehmen.» Durch die Naturbestattungen würde den Menschen der Abschied oft leichter Fallen: «Es ist nicht mehr die steife Beerdigung auf dem Friedhof, sondern ein fröhliches Fest.» Dabei erinnert sich Beat Rölli an eine kürzlich durchgeführte Bestattung: «Ein Amerikaner hatte den grossen Wunsche in den ‹swiss alps› bestattet zu werden. Diesen Wunsch haben wir ihm erfüllt und es gab sogar Rösti am Schluss. Die Angehörigen werden sich ein Leben lang an dieses Erlebnis erinnern.»
veröffentlicht: 11. Januar 2017 06:32
aktualisiert: 11. Januar 2017 10:07
Quelle: abl

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