Nur zwei Stimmen gegen Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang

18.03.2018, 10:50 Uhr
· Online seit 18.03.2018, 04:35 Uhr
Chinas Volkskongress hat Regierungschef Li Keqiang für eine zweite fünfjährige Amtszeit bestätigt. Auf der Jahrestagung des nicht frei gewählten chinesischen Parlaments am Sonntag in Peking erhielt der 62-jährige Premier nur zwei Gegenstimmen.
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Die Wiederwahl beendete alle Spekulationen über das Schicksal von Li Keqiang, der im Schatten des übermächtigen Staats- und Parteichefs Xi Jinping steht und nicht zu seinem Lager gehört. Vor einem Jahr gab es Berichte, dass Li Keqiang eventuell keine zweite Amtszeit machen würde.

Seine Position ist aber geschwächt. Während Chinas Ministerpräsident früher massgeblich die Wirtschaftspolitik bestimmt hatte, verlegte der Staats- und Parteichef diese Aufgabe und auch andere wichtige Regierungsfunktionen in Arbeitsgruppen der Partei. Am Montag soll sein einflussreicher Wirtschaftsberater Liu He zum Vizepremier und voraussichtlich auch zum neuen Chef der Zentralbank gemacht werden.

Die 2966 Delegierten ernannten auch den bisherigen Minister für Disziplinaraufsicht, Yang Xiaodu, zum Chef der neu geschaffenen Super-Überwachungsbehörde für den Staatsapparat.

Der neue oberste Aufseher ist seit 2012 in den Disziplinarorganen von Partei und Staat tätig. Er gilt als enger Vertrauter des Staats- und Parteichefs und wurde im Oktober Vizechef der Disziplinarkommission der Partei. Vorher hatte Yang Xiaodu in Tibet und Shanghai Karriere gemacht.

In der ostchinesischen Hafenstadt arbeitete er bereits als Vizebürgermeister unter Xi Jinping, als dieser noch Parteichef Shanghais war.

Bei dem Votum musste der 64-jährige sechs Gegenstimmen und sieben Enthaltungen hinnehmen. In einer offensichtlichen Panne berichteten das Staatsfernsehen und die Zeitung «China Daily» seine Wahl noch bevor sie vor dem Volkskongress verkündet wurde.

Mit der Aufsichtskommission wird die bisherige Kontrolle der Parteimitglieder auf alle Bediensteten des Staatsapparates ausgeweitet. Das Machtorgan wird mit weitreichenden Vollmachten und unabhängig von der Justiz gegen Korruption, Dienstvergehen oder auch allzu lockere Umsetzung politischer Ziele vorgehen. Es kann Verfahren einleiten, Verdächtige festnehmen und bis zu sechs Monate ohne Gerichtsbeschluss in Gewahrsam halten, ermitteln und bestrafen.

Kritiker sehen ein Werkzeug, um Kontrolle zu sichern, politische Feinde zu verfolgen und potenzielle Gegner einzuschüchtern. Auch wurde beklagt, dass die Überwachungsbehörde mit ihren lokalen Unterkommissionen unabhängig von Gerichten und Staatsanwaltschaften vorgehen kann. Der amerikanische China-Experte und Jurist Jerome Cohen meinte, die Kommission «macht das Regime noch repressiver und ungebundener durch rechtliche Zügel».

Die umstrittene neue Kommission steht noch über dem Obersten Gericht oder dem Generalstaatsanwalt. Zum Abschluss der Jahrestagung am Dienstag wird der Volkskongress auch das Aufsichtsgesetz über seine Vollmachten billigen.

Das Parlament bestätigte am Sonntag auch den Vorsitzenden des Obersten Gerichts, Zhou Qiang, für eine zweite Amtszeit. Auch wurde der bisherige Justizminister Zhang Jun zum neuen Generalstaatsanwalt gemacht.

veröffentlicht: 18. März 2018 04:35
aktualisiert: 18. März 2018 10:50
Quelle: SDA

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