Österreich drängt: Ein Präsident muss her!

· Online seit 02.12.2016, 17:43 Uhr
Unser Nachbarland Österreich will endlich einen neuen Präsidenten haben. Seit vergangenem Sommer hat der Alpenstaat keinen Repräsentanten mehr. Am Sonntag, dem 4. Dezember, soll es nun soweit sein: Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer könnten in die Hofburg in Wien einziehen.
Claudia Amann
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Hätte Österreich nicht bereits eine aktive Kabarett-Szene, wäre eine solche wohl im vergangenen Jahr entstanden. Die Posse um die Wahl des neuen Bundespräsidenten hat den Galgenhumor der Österreicher mehr als forciert. Nicht nur die zahlreichen Diskussionen, Richtungswechsel und Angriffe gaben Stoff für Unterhaltungssendungen, auch die Klebe-Panne bei den Briefwahl-Kuverts trug das Ihre zur zur Farce verkommenen Wahl bei.

Nicht erst jetzt haben sich viele Österreicher eine Verfassungsänderung gewünscht, durch welche der abgetretene Bundespräsident Heinz Fischer ein drittes Mal hätte kandidieren können. Doch die Utopie wurde erfolgreich von der peinlich-harten Realität abgelöst. Zur Live-Diskussion von Hofer und Van der Bellen beim TV-Sender ATV beispielweise gibt es mehrere «worst-of»-Mitschnitte.

Ganze 40 Tage lang stand der Grüne Alexander Van der Bellen nach der ersten Abstimmung als zukünftiger Bundespräsident Österreichs fest. Doch nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Stichwahl am 22. Mai scheuten die Freiheitlichen mit ihrem Kandidaten Norbert Hofer keine Mühen, einen Verhandlungsmarathon vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Gang zu setzen. Am Ende dessen stand schliesslich die Aufhebung der Stichwahl.

Hier eine Chronologie der Pleiten, Pech und Pannen Ereignisse:

22. Mai 2016: Denkbar knapp lautete das vorläufige Ergebnis der Bundespräsidenten-Stichwahl. Mit 51,9 Prozent lag Hofer vor Van der Bellen mit 48,1 Prozent. Erst am Montag nach der Auszählung der Briefwahlstimmen sollte Klarheit über den Wahlsieger herrschen.

23. Mai: Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) verkündete das Endergebnis inklusive Briefwahlstimmen. Van der Bellen gewinnt hauchdünn mit 50,35 Prozent. Bereits zuvor gesteht Hofer seine Niederlage ein. Eine «Wahlanfechtung um der Wahlanfechtung willen» werde es nicht geben, betonen die Freiheitlichen.

25. Mai: Das Innenministerium selbst zeigt bei der Staatsanwaltschaft erste «Unregelmässigkeiten» in vier Kärntner Bezirken bei der Auszählung der Briefwahlstimmen an. Weitere sollen folgen.

1. Juni: Das amtliche Endergebnis der Bundespräsidenten-Stichwahl wird vom Innenministerium verlautbart. Van der Bellens Vorsprung auf Hofer ist leicht geschrumpft - aber sein Anteil von 50,35 Prozent bleibt gleich. Die drei FPÖ-Vertreter haben dem Endergebnis nicht zugestimmt, eine Anfechtung steht bereits im Raum.

8. Juni: Die Anfechtung vor dem VfGH durch die Freiheitlichen ist fix. Parteichef Heinz-Christian Strache bringt als Zustellungsbevollmächtigter eine 150 Seiten umfassende Klage ein.

14. Juni: Der VfGH räumt seinen Terminkalender leer und kündigt die öffentliche Verhandlung zur Anfechtung an - zuerst nur für drei Tage. Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer wird die FPÖ vertreten. Mehr als 90 Zeugen sollen zu Wort kommen.

20. Juni: Bereits der erste Verhandlungstag fördert zahlreiche Formalfehler bei der Auszählung der Briefwahlstimmen zutage. Teils wurden Kuverts zu früh geöffnet, manche Auszählungen fanden ohne Beisitzer statt. Hinweise für konkrete Manipulationen gibt es aber nicht. Ein weiterer vierter Tag wird zur Zeugeneinvernahme anberaumt.

29. Juni: Noch einmal kommen vor dem VfGH die Parteienvertreter zu Wort.

1. Juli: Die Verfassungsrichter geben die Aufhebung der Stichwahl bekannt.

8. Juli: Der Hauptausschuss des Nationalrats fixiert den 2. Oktober als Wahltermin.

Heinz Fischer tritt laut Reglement als Bundespräsident ab. Er war seit dem 8. Juli 2004 im Amt.

2. September: Die ersten fehlerhaften Wahlkarten tauchen auf - erst für die Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt in Wien, dann auch für die Bundespräsidenten-Stichwahl. Das Ministerium weist alle Gemeinden an, die Wahlkarten zu überprüfen.

6. September: Das Innenministerium gibt Entwarnung - man geht davon aus, dass weniger als 1'000 Wahlkarten einen schadhaften Klebestreifen haben.

8. September: Ein «neues Phänomen» tritt laut Innenministerium auf: Wahlkarten scheinen auf den ersten Blick in Ordnung, doch der Kleber geht zu einem späteren Zeitpunkt auf. Auch, wenn die Stimme bereits abgegeben wurde. Sie ist damit ungültig.

9. September: Die Stimmen für eine Verschiebung des zweiten Stichwahltermins mehren sich - und sie wird immer wahrscheinlicher. Innenminister Sobotka will nach dem Wochenende entscheiden.

12. September: Der Innenminister gibt in einer Pressekonferenz die Verschiebung des zweiten Stichwahlgangs bekannt. Als mögliche Termine nennt er den 27. November oder den 4. Dezember.

(cla)

Die Stimmen-Imitatoren von maschek nehmen die Akteure der Wahl auf die Schaufel

veröffentlicht: 2. Dezember 2016 17:43
aktualisiert: 2. Dezember 2016 17:43

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