«Ohrfeigengesetz» für Russen

27.01.2017, 16:23 Uhr
· Online seit 27.01.2017, 16:12 Uhr
In Russland wird häusliche Gewalt per Gesetz nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit gehandelt. Viele Abgeordnete sind der Ansicht, dass Gewalt gegenüber Ehepartnern und Kindern bislang zu hart bestraft worden ist.
Claudia Amann
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Das russische Unterhaus hat ein umstrittenes Gesetz zu deutlich milderen Strafen für häusliche Gewalt gebilligt. Die Abgeordneten der Staatsduma in Moskau stimmten der Agentur TASS zufolge am Freitag in der dritten Lesung mit deutlicher Mehrheit zu. Das neue Gesetz reduziert die Strafen für Gewalt gegen Familienmitglieder bei Ersttätern, wenn sie nicht zu schweren Verletzungen führt.

Bisher waren dafür Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis vorgesehen, nun gelten Geldstrafen von umgerechnet bis zu 470 Euro. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Gewalt nicht mehr als Straftat behandelt, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit gewertet wird. Eine härtere Strafe soll nur dann verhängt werden, wenn die Schläge mehr als einmal im Jahr vorkommen oder körperliche Verletzungen sichtbar sind.

Das Gesetz muss noch vom Föderationsrat gebilligt werden, was als Formalität gilt, und dann Präsident Wladimir Putin vorgelegt werden. Das Gesetz wird vor allem von konservativen Abgeordneten unterstützt, die behaupten, dass Ersttäter auf diese Weise eine zweite Chance bekämen. Viele nannten den Text «Ohrfeigengesetz» und kritisierten, dass häusliche Gewalt gegenüber Ehepartnern und Kindern in Russland zu hart bestraft werde.

Für die konservative Vorsitzende des Familienausschusses, Jelena Misulina, die den Entwurf im Sommer vergangenen Jahres der Duma vorgelegt hatte, verschlechtert ein Gefängnisaufenthalt wegen eines «Klapses» lediglich das Familienklima. «Das ist ein familienfeindlicher Zustand», sagte sie im Parlament. Denn: Schläge seien ein adäquates Mittel zur Erziehung - und entsprächen der «russischen Familientradition».

veröffentlicht: 27. Januar 2017 16:12
aktualisiert: 27. Januar 2017 16:23
Quelle: red.

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