Ermittler suchen unter Hochdruck Absturzursache

01.11.2015, 18:05 Uhr
· Online seit 01.11.2015, 15:02 Uhr
Nach dem Absturz eines russischen Passagierflugzeugs mit 224 Toten in Ägypten haben die Ermittler mit Hochdruck nach der Unglücksursache gesucht. Internationale Experten nahmen am Sonntag ihre Arbeit auf, während die Suche nach weiteren Leichen fortgesetzt wurde.
David Scarano
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Der Airbus A321 war am frühen Samstagmorgen vom Badeort Scharm el Scheich am Roten Meer nach St. Petersburg gestartet. An Bord waren neben vier ukrainischen Insassen ausschliesslich russische Passagiere sowie sieben Besatzungsmitglieder.

Über der Sinai-Halbinsel brach 23 Minuten nach dem Start der Kontakt zu der Chartermaschine der russischen Fluggesellschaft Kogalimawija ab, die unter dem Namen Metrojet fliegt.

Das Wrack wurde dann rund hundert Kilometer südlich der Stadt Al-Arisch im bergigen Nordsinai gefunden. Nach Behördenangaben gab es keine Überlebenden. Bis Sonntagvormittag wurden nach ägyptischen Militärangaben 163 Leichen gefunden.

Weil sogar noch in acht Kilometern Entfernung die Leiche eines dreijährigen Mädchens gefunden worden sei, sollte die Suche auf einen Umkreis von 15 Kilometern um die Absturzstelle ausgedehnt werden.

In der Luft auseinandergebrochen

Auf der Sinai-Halbinsel seien die Trümmer auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern verstreut, sagte Viktor Sorotschenko von der russischen Untersuchungskommission am Sonntag russischen Agenturen zufolge. Gemäss seinen Angaben brach die Maschine schon in der Luft auseinander. «Die Zerstörung ist in der Luft geschehen. Aber es ist zu früh für Schlussfolgerungen», sagte

Der Flugschreiber und der Stimmenrekorder seien nach erstem Augenschein nur gering beschädigt, sagte der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow in Kairo. Die noch versiegelten Blackboxen würden entweder in Russland oder in Ägypten ausgewertet.

Das ägyptische Luftfahrtministerium teilte mit, der Funkverkehr mit den Piloten sei vor dem Unglück normal gewesen. Die Regierung erklärte, es gebe keine Hinweise auf «Unregelmässigkeiten». Die örtlichen Behörden gehen nach Angaben aus Sicherheitskreisen von einem technischen Defekt aus.

Bekenntnis von IS-Ableger

Stunden nach dem Absturz bekannte sich dagegen der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) auf Twitter dazu, die Chartermaschine zum Absturz gebracht zu haben. Dies sei eine Racheaktion für die russische Intervention in Syrien, wo Russland Luftangriffe unter anderem gegen IS-Stellungen fliegt.

Ägyptens Ministerpräsident Scharif Ismail erklärte jedoch, Experten hätten versichert, dass die Extremisten nicht in der Lage seien, ein Flugzeug auf einer Höhe von 30'000 Fuss (rund 9100 Meter) zu treffen. Auch Sokolow zeigte sich skeptisch. Die IS-Bekennerbotschaft sei «nicht exakt».

Experten zufolge verfügen die IS-Kämpfer auf dem Sinai weder über die nötige Ausrüstung noch über die Expertise, ein Flugzeug abzuschiessen. Aus Sicherheitsgründen kündigten Lufthansa, Emirates und Air France aber an, den Sinai zu umfliegen, bis die Hintergründe des Absturzes geklärt sind.

Die Experten schlossen indes eine Bombe an Bord oder einen Abschuss durch eine Rakete nicht aus, sollte das Flugzeug in den Sinkflug gegangen sein. Ein technisches oder menschliches Versagen sei aber wahrscheinlicher.

Staatstrauer in Russland

Russischen Airlines wird häufig vorgeworfen, mit veralteten oder schlecht gewarteten Maschinen zu fliegen. Die russische Luftfahrtbehörde Rosawjazija erklärte jedoch, es gebe «keinen Grund, davon auszugehen, dass die Ursache des Desasters ein technisches Problem oder ein Fehler der Crew war».

In Russland wurde für Sonntag Staatstrauer angeordnet. Vor öffentlichen Gebäuden war auf Halbmast geflaggt. Der Fernsehnachrichtensender Rossija 24 unterbrach regelmässig sein Programm für Gedenkmomente. In St. Petersburg legten Trauernde im Ankunftsbereich des Flughafens Pulkowo Blumen und Plüschtiere nieder.

Scharm el Scheich wird jährlich von tausenden Touristen besucht, darunter viele Russen. Seitdem die ägyptische Armee im Sinai gegen bewaffnete Islamisten vorgeht, werden die Badeorte im Süden durch ein Grossaufgebot von Militär und Polizei gesichert.

veröffentlicht: 1. November 2015 15:02
aktualisiert: 1. November 2015 18:05
Quelle: SDA

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