Papst und Patriarch rufen zu Frieden in Syrien auf

13.02.2016, 01:00 Uhr
· Online seit 12.02.2016, 09:45 Uhr
Erstmals seit der Kirchenspaltung vor fast 1000 Jahren treffen sich ein Papst und ein russisch-orthodoxer Patriarch. Franziskus und Kirill sprachen in Havanna zusammen und forderten ein Zusammenrücken der Christenheit in Zeiten von Krieg und Terror.
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Die Kirchenoberhäupter begrüssten sich am Freitag mit einer Umarmung und Küssen auf die Wange. «Endlich», sagte Papst Franziskus mit Blick auf das schon zu Zeiten von Papst Johannes Paul II. angedachte Treffen. «Es ist klar, dass das der Wille Gottes ist.»

An der Begrüssung in einem Flughafengebäude in der kubanischen Hauptstadt nahm auch Kubas Präsident Raúl Castro teil. Nach der Begrüssung sowie einem historischen Foto setzten sich der Papst und der Patriarch zu einer rund zweistündigen Unterredung zusammen, bevor sie eine Erklärung unterzeichneten.

«In einer Welt, die von uns nicht nur Worte, sondern auch konkrete Taten erwartet, möge diese Begegnung ein Zeichen der Hoffnung für alle Menschen guten Willens sein», heisst es darin. Sie hofften, dass die Begegnung «zur Wiederherstellung dieser von Gott gewollten Einheit, für die Christus gebetet hat, beitragen kann».

Beide betonten: «Die menschliche Zivilisation ist in eine Zeit epochalen Wandels eingetreten.» Die internationale Gemeinschaft müsse dringend handeln, «um einer weiteren Vertreibung der Christen im Nahen Osten zuvorzukommen».

Mit Blick auf die dramatische Lage in Syrien und dem Irak riefen sie die Staatenwelt auf, «sich zu vereinen, um der Gewalt und dem Terrorismus ein Ende zu setzen». Die Millionen Flüchtlinge müssten in die Häuser zurückkehren können. Zudem prangerte sie einen «zügellosen Konsum» an, der die Ressourcen des Planeten aufzubrauchen beginne.

«Wir haben wie Brüder gesprochen», sagte der 79-jährige Papst nach der Begegnung. Beide seien der Meinung, dass man zusammengehen müsse, um die Einheit zu erreichen.

Der russische Patriarch versicherte, dass das Gespräch sehr inhaltsreich gewesen sei. «Es gab uns die Chance, die Position des Anderen kennenzulernen», sagte er. «Ich habe den Eindruck, dass wir uns am richtigen Ort und zur richtigen Zeit treffen», betont Kirill.

Seit 20 Jahren gab es Pläne für ein solches Treffen, das nun durch den Aufenthalt beider Kirchenoberhäupter in der Region möglich wird. Franziskus wollte von Havanna weiterreisen zu einer mehrtägigen Reise nach Mexiko.

An der Vermittlung des Treffens war auch der Schweizer Kardinal Kurt Koch beteiligt. Das Treffen habe einer langen Vorbereitung bedurft, sagte Koch am Freitagmorgen in der Sendung «Heute Morgen» von Radio SRF. Das Ziel des Dialoges sei es, die Einheit der Christen wiederzufinden, die im Laufe der Geschichte verloren gegangen sei. «Die Begegnung ist ein Anfang und noch lange nicht das Ziel.»

Katholiken und Orthodoxe gehen seit der Kirchenspaltung (Schisma) aus dem Jahr 1054 getrennte Wege. Damals exkommunizierten sich die Oberhäupter der Ostkirche in Byzanz (heute Istanbul) und der Westkirche in Rom gegenseitig. Folge war die Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen. Nach Katholiken und Protestanten stellen die Orthodoxen heute die drittgrösste Gruppe innerhalb des Christentums.

Die «orthodoxe Welt» ist in 14 Kirchen zersplittert. Die grösste ist der russisch-orthodoxe Zweig mit rund 150 Millionen Gläubigen. Im Juni soll es nach langer Vorbereitung auf Kreta zu einem historischen Treffen aller orthodoxen Kirchen kommen.

Der katholische Kirche gehören rund eine Milliarde Menschen an. In den vergangenen Jahrzehnten trafen Franziskus und seine Vorgänger zwar andere orthodoxe Patriarchen, aber bisher nicht den russischen.

Der 69-jährige Kirill gilt als Freund der Ökumene, aber auch als Verfechter traditioneller Familienwerte und Gegner von Homosexuellenrechten. Kirill pflegt engen Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der Kremlchef bindet die orthodoxe Kirche als Machtstütze aktiv in seine Politik ein. Er sieht in ihr einen starken Verbündeten im Kampf gegen westlichen Liberalismus und Werteverfall. Kritiker sprechen von einer «unheiligen Allianz» von Staat und Kirche.

Die Ökumene zählt auch zu den zentralen Anliegen des Papstes. Zum Reformationstag am 31. Oktober wird Franziskus eine von der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund organisierte Gedenkfeier im südschwedischen Lund besuchen. Anlass sei der 500. Jahrestag der Reformation, der im kommenden Jahr gefeiert wird.

veröffentlicht: 12. Februar 2016 09:45
aktualisiert: 13. Februar 2016 01:00
Quelle: SDA

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