Schlimmster Anschlag in der Geschichte Frankreichs

· Online seit 14.11.2015, 09:12 Uhr
Zum zweiten Mal innert weniger Monate wird Paris zur Zielscheibe für Terroranschläge. Anders als bei «Charlie Hebdo» verlieren bei den aktuellen Ereignissen aber viel mehr Menschen ihr Leben. Weitere Hintergründe zu den Anschlägen in Frankreich.
Marco Latzer
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Es sind schockierende Aussagen, die Augenzeugen über die Vorgänge in der Nacht auf Samstag in Paris machen. «Sie schossen einfach blind darauf los und luden immer wieder nach», beschreibt ein Zeuge die Szenerie. Die Polizei hat die Konzert-Halle um halb ein Uhr nachts gestürmt und die Geiseln befreit - dabei dürften noch einmal mehrere Menschen ums Leben gekommen sein. Es wird berichtet, dass die Terroristen mit Sprengstoffgürteln ausgerüstet waren und sich beim Eintreffen der Einsatzkräfte in die Luft sprengten. So sollen erste befreite Geiseln, die das Theater verliessen, ebenfalls von der Brutalität der Attentäter berichtet haben. Diese hätten seelenruhig eine Geisel nach der anderen erschossen. Die Attentäter sollen zudem Gürtel mit Handgranaten getragen und mit Kalaschnikows um sich geschossen haben.

 

In der Nachbetrachtung erscheinen die Ereignisse rund um «Charlie Hebdo» im Januar mit sieben Toten als bitterer Vorgeschmack auf die aktuellen Ereignisse. Schon jetzt handelt es sich um den blutigsten Terroranschlag in der Geschichte des modernen Frankreichs. Weshalb wieder Frankreich? Warum wieder Paris? Was auffällt: Die Attentäter haben sich für Ziele entschieden, die ganz in der Nähe der Redaktion von «Charlie Hebdo» liegen - gut möglich, dass diese für die Urheber eine gewisse Symbol- und damit auch Anziehungskraft hatte. Was auffällt: Es sind auch dieses Mal keine «Top-Destinationen» wie der Eiffelturm oder der Triumphbogen betroffen. Das kann damit zusammenhängen, dass die gewählten Anschlagsorte weniger im Fokus öffentlicher Überwachung standen und daher leichtere, pragmatischere Ziele waren.

Frankreich steht schon länger auf dem Schirm der Islamisten: Das Land engagiert sich militärisch gegen den Islamischen Staat in Syrien und im Irak. In den nächsten soll zudem der Flugzeugträger «Charles de Gaulle» zu seiner Mission gegen das selbsternannte Terror-Kalifat antreten.

Erinnerungen an Moskau

Gab es schon ähnliche Vorkommnisse? Ja, gab es. Eine Geiselnahme am 23. Oktober 2002 in einer Moskauer Oper verlief ähnlich blutig. 40 Terroristen stürmten damals das Dubrowka-Theater. Darunter 16 sogenannte Schachidinnen, maskierte Frauen mit Sprengstoffgürteln (schwarze Wittwen). Sie hielten während dreier Tage 800 Geiseln in ihrer Hand und forderten vom Kreml den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien. Russland führte in der Teilrepublik seit Jahren einen blutigen Feldzug gegen Separatisten und Islamisten. Einen Krieg, den Wladimir Putin 1999 als Premierminister begonnen hatte. Seit dem Jahr 2000 sitzt er im Kreml - und hat geschworen, Terroristen zur Not auch «auf der Latrine abzumurksen». So spricht niemand, der mit Geiselnehmern verhandelt. Dennoch verlief der Einsatz der Spezialkräfte desaströs: 130 Zivilisten kamen bei dem Geiseldrama ums Leben, aber nur fünf davon durch Schusswunden. Die «Befreier» hatten ein spezielles Betäubungsgas eingesetzt, das zum Tod vieler Geiseln führte.

 


veröffentlicht: 14. November 2015 09:12
aktualisiert: 14. November 2015 09:12

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