Seelsorger am Kantonsspital St.Gallen geht in Pension

05.09.2016, 15:05 Uhr
· Online seit 04.09.2016, 08:59 Uhr
Er hatte die letzten zwanzig Jahre für alle Besucher, Bewohner und Mitarbeiter des Kantonsspitals St.Gallen immer ein offenes Ohr: Der Spitalseelsorger Josef Schönauer. Ende August ging er mit 64 Jahren in Frühpension.
Fabienne Engbers
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Schuld an der früheren Pensionierung sind auch die Schicksale der Kranken. «Viele der Patienten im Kantonsspital waren kurz vor oder nach der Pension. Als ich sie nach den Gründen des Unfalls gefragt habe, meinten viele, sie wollten die letzten Arbeitstage einfach noch zu Ende bringen, obwohl ihnen die Arbeit zu viel wurde. Das hat mich dazu gebracht, früher in Rente zu gehen», meint der Seelsorger Josef Schönauer.

Beliebt beim Personal

«Wenn die Angestellten Zeit hatten, habe ich mich auch gerne in der Kaffeepause mit ihnen unterhalten und gefragt, wie es ihnen gehe», erzählt der Seelsorger. Daraus wurden teilweise auch engere Beziehungen und die Angestellten haben Josef Schönauer immer wieder gefragt, ob er ihre Hochzeiten oder Taufen gestalten würde. Nun, da der Seelsorger in Pension geht, erhält er viele Rückmeldungen, wie wichtig er nicht nur für die Patienten und deren Angehörigen, sondern auch für die Angestellten war.

Schwierige Arbeit

«Ich bin vorsichtiger geworden, was ich überhaupt sagen will. ‹Es wird alles gut› und ‹Gott schaut schon für dich› kann man den totkranken Patienten ja nicht mit auf den Weg geben», sagt Schönauer. Zwanzig Jahre lang hat er Patienten betreut, auch wenn diese das Spital wohl nicht mehr verlassen würden. Zusätzlich hielt er jeweils am Sonntag einen Gottesdienst. Auch diesen bereitete er sorgfältig vor, damit er auch jene Patienten und Angehörige mit einschliessen konnte, denen es nicht mehr besser gehen würde. Durch seine Arbeit wurde ihm auch einiges bewusst: «Zum Beispiel dass man Schritt für Schritt gehen soll und nicht ein halbes Jahr vorausschauen muss», meint der pensionierte Seelsorger. Man soll darauf vertrauen, dass es auch weiterhin irgendwie geht. Seinen Glauben an Gott hat Josef Schönauer jedoch nie verloren.

Neuer Lebensabschnitt

Durch seine Arbeit hat Josef Schönauer gelernt, dass das Leben endlich ist und dass wir Menschen verletzlich sind. «Es kann jeden Tag etwas geschehen. Dadurch lernt man die Kostbarkeit des Lebens zu schätzen», sagt der Seelsorger.  Mit der Pensionierung kommt für Josef Schönauer nun ein Teil seines Lebens, den er neu gestalten kann. Er möchte sich mehr für den Pilgerweg einsetzen. «Ausserdem habe ich zwei Grosskinder, denen ich nun auch mehr Aufmerksamkeit schenken kann.»

veröffentlicht: 4. September 2016 08:59
aktualisiert: 5. September 2016 15:05
Quelle: enf

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