Single, kinderlos und glücklich

26.03.2017, 09:12 Uhr
· Online seit 26.03.2017, 08:56 Uhr
Die 61-jährige Sylvia Locher ist Single-Frau. Als Präsidentin von Pro Single Schweiz setzt sie sich für die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Alleinstehenden ein.
Laurien Gschwend
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Der Meinung, dass Menschen nur in einer Beziehung glücklich sein können, ist Sylvia Locher nicht. «Ich habe mich sehr gut organisiert. Singles leben vielleicht nicht in einer biologischen, dafür in einer sozialen Familie. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt», sagt die 61-Jährige in der FM1-Sendung «Gott und d'Wält». Als Präsidentin von Pro Single Schweiz, einer Interessengemeinschaft für Alleinstehende, macht sie sich für die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Singles stark.

«Stossende Besteuerungspraxis»

Locher kritisiert die finanzielle Benachteiligung von alleinstehenden Personen in der Schweiz. «Die Besteuerungspraxis empfinde ich als stossend», sagt sie. Es sei nicht in Ordnung, dass man Ehepaare bevorteile, obwohl deren Kinder schon längst erwachsen seien. «Als Single wird man ein Leben lang dafür bestraft, dass man keine Familie gegründet hat.»

Man ziehe immer den Vergleich zwischen Ehen und dem Konkubinat. «Einpersonenhaushalte, die einen Drittel aller Haushalte ausmachen, werden in Diskussionen oft nicht einmal erwähnt», was sie als völlig unfair erachtet.

Die Präsidentin der IG für Alleinstehende möchte nicht bemitleidet werden. «Viele Frauen und Männer leben unglücklich oder frustriert in einer Ehe, da bin ich froh, dass ich nicht tauschen muss.» Sie bejahe ihre Situation, sei rundum glücklich. Es müsse nicht jeder verbandelt sein. «Ich kann mir meine Zeit frei einteilen und selbständig entscheiden, was ich tun möchte.»

«Nicht selbstverständlich, dass jemand zuhört»

In einigen Situationen vermisse sie es trotzdem, jemanden an ihrer Seite zu haben. Beispielsweise wenn sie krank sei, was glücklicherweise fast nie vorkomme. Ausserdem könne man sich die Kosten und die Arbeiten nicht aufteilen. «Und wenn ich etwas Dringendes besprechen möchte, ist niemand daheim. Dann gehe ich zu den Nachbarn oder rufe eine Freundin an, was mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand zuhört», sagt Locher.

Das sei aber nicht unbedingt ein Single-spezifischer Nachteil: «Wenn ich mich bei Frauen in Paarbeziehungen umhöre, vernehme ich immer wieder, dass deren Männer für gewisse Themen gar kein Gehör haben. Wo liegt denn da der Unterschied?»

Etwas gegen Familien hat die Stimme der Singles nicht. «Wir schauen zwar für uns, möchten aber nicht im Vorteil sein. Es muss einfach etwas zur Gerechtigkeit hin geändert werden.»

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veröffentlicht: 26. März 2017 08:56
aktualisiert: 26. März 2017 09:12
Quelle: lag

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