Time-Out-Bar und City-Pizzeria müssen ausziehen

· Online seit 17.11.2017, 10:02 Uhr
In der ehemaligen «Schmatzinsel» am St.Galler Marktplatz tut sich was: Per Ende Jahr müssen City-Pizzeria und Time-Out-Bar raus. Was danach kommt, ist noch ungewiss.
Stefanie Rohner
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Das eine ist ein beliebter Treffpunkt auf einen Kebab oder eine Pizza, das andere ein bestens frequentierter Begegnungsort auf ein Bier oder einen Drink. Die Stosszeiten der Time-Out-Bar und der City-Pizzeria am Marktplatz 22 sind meistens antizyklisch: Wenn fast alle anderen Beizen oder Imbisse der Stadt bereits geschlossen haben, strömen Ausgänger in Scharen auf einen letzten Snack oder einen Schlummertrunk in die Räume der ehemaligen «Schmatzinsel».

Was sich in den vergangenen 15 Jahren als ungeschriebene Regel des St.Galler Nachtlebens etabliert hat, ist bald vorbei. Der Time-Out-Bar und der City-Pizzeria, die seit Herbst 2016 vom Barbetreiber geführt wird, wurde der Mietvertrag gekündigt. Die Eigentümerin der Liegenschaft, die Heredom AG, hat damit andere Pläne.

«Nachfolge ist noch völlig offen»

Peter Jacobs, Geschäftsführer der Heredium Immobilien AG, welche die Liegenschaft verwaltet, bestätigt auf Anfrage, dass die heutigen Mieter das Haus per Ende Jahr verlassen. Gerüchte, wonach in den Räumen ein Hotel entstehen soll, dementiert Jacobs aber. «Das steht nicht zur Diskussion.» Welcher Nutzung die ehemalige «Schmatzinsel» nach dem Wechsel zugeführt wird, ist laut Jacobs noch völlig offen.

«Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Suche nach neuen Mietern noch gar nicht begonnen.» Zunächst gelte es, einen umfassenden Umbau im Innern der Lokale vorzunehmen. «Die Haustechnik und das Intérieur sind veraltet», sagt Jacobs. Das werde nun auf den neusten Stand gebracht. Nicht nur den Einzug eines Hotels kann Jacobs ausschliessen: Auch, dass es, wie von 1996 bis 2002, wieder eine «Schmatzinsel» gibt, sei undenkbar. Zwar sollen auch in Zukunft wieder alle vier Lokale auf zwei Etagen öffentlich genutzt werden können. Dies aber nicht unbedingt mit einem übergeordneten Dachkonzept. Seit geraumer Zeit stehen die Räume im ersten Obergeschoss leer, darüber sind Kosmetikinstitute und Wohnungen untergebracht.

«Time-Out» sucht nach neuem Lokal

Werner Haltiner, Geschäftsführer der Time-Out-Bar, ist von der Kündigung nicht überrascht. «Die Eigentümer haben uns den Vertrag bereits vor drei Jahren einmal gekündigt.» Das habe er dann angefochten – und von der Schlichtungsstelle auch recht erhalten. Seine Gäste seien traurig über das plötzliche Ende der Time-Out-Bar am heutigen Standort. Die neuerliche Kündigung will Haltiner nicht mehr anfechten. Er suche nun nach einem neuen Lokal, damit die Time-Out-Bar nur zügeln und nicht aufhören muss. «Freie Gewerberäume hat’s in der Stadt ja genügend.» Seit dem Ende der «Schmatzinsel» ist der geplante Umbau des Hauses der radikalste Eingriff am Marktplatz 22. Mit dem Wegzug des «Time-Out» schliesst ein Kapitel in der Geschichte des Hauses, das fast 17 Jahre lang währte.

Bis 1952 ein Hotel

Wo heute City-Pizzeria und Time-Out-Bar wirten, wurde einst das Hotel Hirschen betrieben. Von 1774 bis 1912 in einem Altbau, der in goldenen Lettern mit «Hôtel du Cerf» beschriftet war. Das altehrwürdige Haus wich dann dem heutigen Bau, der vom St. Galler Architekten und Ingenieur Theodor Seeger entworfen worden war. Er lehnte sich bei der Konzipierung des Eckhauses wesentlich an die Stilistik des Nachbarhauses am Marktplatz 24 an, dem Haus zum Möhrli. Dieses war 1906/1907 vom renommierten Zürcher Architektenteam Pflegehard & Häfeli erbaut worden, welches nur kurz zuvor das Geschäftshaus Oceanic an der St.-Leonhard-Strasse 20 und wenig später die Hauptpost errichtete. In Gliederung und Aufteilung sind die beiden Häuser aufeinander abgestimmt – und sie haben noch mehr gemeinsam. Sowohl das ehemalige Hotel Hirschen als auch das «Möhrli» haben nämlich unter diversen Renovationsversuchen gelitten. So heisst es im Inventarblatt der städtischen Denkmalpflege zum Marktplatz 22: «Die ursprünglich vorhandene Bauplastik ist späteren Renovierungen zum Opfer gefallen.» Und ein Haus weiter sei die Betonung der Eckposition durch den Erker vom neuen Erdgeschoss «stark beeinträchtigt.» (ghi)

Dieser Artikel erschien am 17. November im St. Galler Tagblatt.

veröffentlicht: 17. November 2017 10:02
aktualisiert: 17. November 2017 10:02

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