«Wir haben alle Angst»

22.03.2016, 13:55 Uhr
· Online seit 22.03.2016, 12:35 Uhr
Brüssel ist im Ausnahmezustand. Die Strassen sind leer. Die Menschen sitzen in den Gebäuden fest. Zwei Personen, welche die Anschläge in Brüssel miterlebt haben, sind Florian C. und Steven Loontjens. Sie sprechen von der Angst vor weiteren Anschlägen, gleichzeitig aber auch der Resignation unter der Bevölkerung: Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es in Brüssel eskaliere.
Lara Abderhalden
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«Da sind viele gemischte Gefühle, hauptsächlich aber Angst vor weiteren Anschlägen», sagt Steven Loontjens aus Brüssel gegenüber FM1Today, «die Menschen sind verletzt. Da ist Wut aber auch Verwirrung. Generell ist Angst wohl aber das Gefühl, welches überwiegt.» Wie Loontjens weiter sagt, stehe Brüssel im Moment still. Nichts mehr gehe. Niemand könne sein Haus oder das Büro verlassen: «Die Metro ist ausser Betrieb, die Züge auch», der Flughafen bleibe geschlossen bis frühestens morgen früh.

«Die Leute sind auf die Strassen gerannt»

«Ich habe heute morgen beim Frühstück von den Anschlägen erfahren», sagt Florian C. Er arbeitet im EU-Viertel und ist, nachdem er von den Anschlägen erfuhr, gleich auf die Strasse: «Man konnte die Sirenen hören, Menschen sind auf der Strasse herum gerannt, man merkte sofort, da ist etwas schlimmes passiert.» Auch Florian C. bestätigt, dass die Menschen verunsichert sind. Es habe viele verschiedene Gerüchte gegeben: «Man wusste lange nicht, welche Meldungen der Wahrheit entsprechen.» Er sitzt im Moment in seinem Büro mit seinen Kollegen und verfolgt das Geschehen auf verschiedenen Medienkanälen. «Wir warten bis wir Anweisungen von oben erhalten.» Bis jetzt hätten die Behörden die Bevölkerung lediglich darauf hingewiesen, die Gebäude nicht zu verlassen. Auch die Schulen seien aufgefordert worden, die Kinder drinnen zu behalten.

Der Anschlag kommt nicht unerwartet

«Wie ich mich im Moment fühl? Na gut, irgendwie musste man ja mit so etwas rechnen», sagt Steven Loontjens. Dies insbesondere nach der Verhaftung von Salah Abdeslam, dem Staatsfeind Nummer eins in Europa. Dennoch komme das alles unerwartet: «Ich bin wütend über diese grausamen Attacken in Europa. Madrid, London, New York, Paris und jetzt Brüssel. Ich habe Angst und bin dennoch überzeugt, dass wir uns davon nicht runterkriegen lassen.»

«Seit den Anschlägen in Paris hat sich die Militärpräsenz immens verstärkt», erzählt Florian C. «Wir haben Helikopter am Himmel, Militär vor öffentlichen Gebäuden die Menschenmassen anziehen, die Sicherheitsvorkehrungen wurden enorm verstärkt nach den Anschlägen in Paris und dennoch kann uns nichts vor Selbstmordattentätern schützen.» Das ganze Militär nütze dabei nichts, mehr Militär mache eine Stadt nicht zwingend sicherer. Für Florian C. waren die Anschläge nur eine Frage der Zeit: «Ich wusste immer das etwas passiert, nur wann und wo nicht.» Seine erste Reaktion, als er heute morgen von den Anschlägen erfuhr, war darum nicht Schock sondern die Erkenntnis: «This is the moment.» Heute, sei nun also der Tag, an dem es passiert. Es habe schon länger Spannungen gegeben. Spannungen zwischen den verschiedenen Stadtvierteln in Brüssel aber auch Spannungen nach den Anschlägen in Paris. «Es ist kein miteinander mehr, sondern höchstens ein nebeneinander.»

Wie es jetzt weiter geht, wissen beide Männer nicht. «Wir werden in unserem Büro bleiben und abwarten», erzählt Florian C. Er selbst könne zu Fuss nach Hause, wann und ob seine Kollegen den Heimweg antreten können, sei jedoch noch nicht klar. «Im Moment beschäftigt vor allem eine Frage: Wie lange wird Brüssel in diesem Ausnahmezustand ausharren müssen?»

(abl)

 

veröffentlicht: 22. März 2016 12:35
aktualisiert: 22. März 2016 13:55

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