«Wir sind weit weg vom kritischen Stand»

05.01.2018, 16:42 Uhr
· Online seit 05.01.2018, 13:02 Uhr
Vom Regen in die Traufe: Einige Feuerwehren in der Ostschweiz haben nach vielen Einsätzen wegen «Burglind» eine schlaflose Nacht verbracht, um das Hochwasser zu bekämpfen. Während die Thur und einige Bäche über die Ufer traten, blieben grosse Gewässer harmlos.
Fabienne Engbers
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Seit Freitagmorgen sind die Hochwasser-Dienste mehrheitlich wieder eingestellt. In der Nacht erreichten etliche Flüsse in der Ostschweiz hohe Pegel, darunter auch die Thur. «Am Abend um 23 Uhr massen wir den Höchststand», sagt Marco Baumann, Verantwortlicher für den Hochwasserdienst an der Thur. Während die Thur über die Ufer trat, blieben der Rhein und der Bodensee ruhig. Die kantonalen Ämter geben Entwarnung.

Feuerwehren kontrollierten Vorland

Bei Frauenfeld floss die Thur in der Nacht mit über 650 Kubikmeter pro Sekunde - zu viel für das Flussbett. «Das Wasser hat keinen Platz mehr und läuft ins Vorland, das extra dafür vorgesehen ist», sagt Marco Baumann. Dass Wasser in die Siedlungen fliesst oder auch das Vorland überschwemmt, war in dieser Nacht nie im Bereich des Möglichen.

Trotzdem wurden Feuerwehren im Thurgau aufgeboten, um das Vorland abzulaufen und zu kontrollieren. «Falls sich noch Tiere oder Menschen im Vorland befunden hätten, hätte man diese retten können», so Baumann. Zusätzlich wurden Wege abgesperrt, so dass das Vorland nicht betreten wird.

Pegel unter dauernder Beobachtung

Auch wenn grosse Flüsse wie die Thur, der Rhein und der Linthkanal nicht über die Ufer treten, sind die Pegel unter dauernder Beobachtung. «Wir sehen rund um die Uhr nach dem Wasserpegel und der Fliessgeschwindigkeit der Gewässer», sagt Marco Baumann. Das Thurgauer Amt für Umwelt kann so frühzeitig Massnahmen gegen ein Hochwasser ergreifen.

Auch im Kanton St.Gallen werden die Pegelstände überwacht. Dies, weil die Situation weiterhin angespannt bleibt. «Jetzt wird es warm, das heisst, der Schnee in den Bergen schmilzt und das Schmelzwasser gelangt in die Flüsse», sagt Fredi Koller vom St.Galler Führungsstab. Dass die Pegelstände bis zu einer kritischen Zone steigen, hält er für unwahrscheinlich. «Momentan sind wir weit weg von der kritischen Lage - bei allen Gewässern.»

Kleinere Bäche seien davon ausgenommen. «Wenn es regnet, steigen diese Pegel natürlich sehr schnell an und ein Bach kann auch mal über die Ufer treten. Genauso schnell ist das Wasser dann aber wieder weg, wenn sich das Wetter beruhigt», so Koller.

Wegen dieser kleinen Bäche sind vergangene Nacht auch diverse Feuerwehren gerufen worden. Rund 80 Einsätze haben Feuerwehren im Kanton St.Gallen diese Nacht geleistet, ein Dutzend davon in Wattwil. 40 Mitglieder der Feuerwehr Wattwil-Liechtensteig waren die ganze Nacht unterwegs und versuchten, die Thur in Schach zu halten. «Das Wasser war hoch und der Schnee, der Schächte und Abflüsse verstopfte, war eine Herausforderung», sagt Vize-Kommandant René Perret.

Wasser geht dorthin, wo es nicht hin soll

Die Kombination aus Regen und Schnee habe die Situation in der Nacht schwierig gemacht. «Wenn der Schnee die Abflüsse verstopft, sucht sich das Wasser seinen Weg. Dann geht es meist dorthin, wo es nicht hin soll», erklärt Perret. In der Folge drückte das Wasser auch in einige Häuser. «Wir wissen, welche Gebäude prädestiniert für diese Probleme sind und hatten die Situation so rasch im Griff.» Aufgrund des Wassers gab es in der Gemeinde keine Hangrutsche und auch keine Gebäudeschäden. «Es hätte noch viel schlimmer werden können», sagt der Feuerwehrmann.

«Haben noch Reserven»

Das Hochwasser kam nach einem Tag, an welchem die Feuerwehren im ganzen Land im Dauereinsatz waren. Der Sturm «Burglind» hat diverse Bäume gefällt und Ziegel von Hausdächern geblasen. Die Feuerwehrleute seien heute zwar erschöpft, sie hätten aber noch Reserven, sagt René Perret. «In der Nacht war gut ein Drittel der ganzen Feuerwehr im Einsatz. Diese Frauen und Männer haben jetzt vielleicht ein bisschen Muskelkater oder sind müde.»

Sein Dank gilt den Partnern und Arbeitgebern der Feuerwehrleute. «Dass man sie freilässt und ihnen die Zeit gibt, Bäume wegzuräumen und Schächte freizuschaufeln. Diese Dienste für die Bevölkerung sind wichtig und müssen gemacht werden.»

veröffentlicht: 5. Januar 2018 13:02
aktualisiert: 5. Januar 2018 16:42

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