40 Monate Haft für Patientinnen-Schänder
In einem blauen T-Shirt, Sneakers und mit gesenktem Blick sitzt der Angeklagte A. R.* im Kreisgericht Rheintal in Altstätten. Hinter ihm sitzen drei der Klägerinnen. Der Belgier spricht leise und in gebrochenem Deutsch. Ihm tue sein Verhalten leid. Schuld für sein Verhalten sei Marihuana. «Ich habe täglich 10 bis 15 Joints geraucht. Kombiniert mit Red Bull oder anderen koffeinhaltigen Getränken hat das bei mir ein gesteigertes Lustempfinden ausgelöst», sagt der heute 38-Jährige zum Richter.
Der Richter ist skeptisch und hakt nach, weshalb A. R. nicht einfach mit dem Kiffen aufgehört habe. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Cannabis so eine heftige Wirkung auf Sie hat, dass Sie so eine Verhaltensänderung aufweisen», sagt er zu dem Angeklagten.
Fast 30 betroffene Patientinnen
In der Zeitspanne vom 28. November 2016 bis 24. März 2017 arbeitete A. R. als Osteopath in einer Praxis im Kanton St.Gallen. Sein Arbeitsverhältnis wurde aufgrund des Verdachts der sexuellen Belästigung aufgelöst. Die Praxisinhaberin rief anschliessend bei allen Patientinnen an, die von A. R. behandelt worden waren. 29 Frauen gaben an, von A. R. belästigt worden zu sein, 13 davon reichten Anzeige ein. Am 20. April 2017 klickten die Handschellen.
Angeklagter fasste Patientinnen in den Intimbereich
Die Ermittlungen ergaben, dass A. R. mehreren Frauen in den Schambereich gefasst hatte, als sie nur in Slip und BH gekleidet auf dem Behandlungstisch lagen. In mehreren Fällen führte er seine Finger in die Vaginen der Frauen ein. Zudem rieb er sein erregtes Glied an den Patientinnen. In einem Fall zeigte A. R. einer Patientin sein erigiertes Glied und fragte sie, ob sie Geschlechtsverkehr wolle.
Als sie verneinte führte er die Behandlung weiter, als sei nichts gewesen. Die Betroffenen sind heute zwischen 22 und 81 Jahren alt. Laut der Staatsanwaltschaft konnten sich die Patientinnen kaum wehren, da sie aufgrund von körperlichem Leiden in ihrer Bewegung eingeschränkt waren, teilweise auch durch vorgenommene Behandlungen festgehalten oder auf die Liege gedrückt wurden. Hinzu kommt, dass die Frauen mehrheitlich die Augen geschlossen hatten und sich in einem entspannungs- beziehungsweise schlafähnlichen Zustand befanden.
40 Monate Gefängnis und Landesverweis
A. R. gab die Taten zu, weshalb es zu einem abgekürzten Verfahren kam. «Es ist ein Teufelskreis gewesen», sagt A. R vor Gericht. Wegen seiner Taten hatte er Schuldgefühle, was ihn wiederum zum Kiffen verleitete.
Die zuständige Staatsanwältin bat den Richter in ihrem Plädoyer, den Cannabis-Konsum nicht als Grund zur Strafmilderung anzusehen. «Intensiver Cannabis-Konsum senkt die Libido», sagt sie. Sie forderte eine Haftstrafe von 40 Monaten, einen Landesverweis für zehn Jahre sowie ein lebenslängliches Berufsverbot in der Schweiz.
Genugtuung für Geschädigte
Der Verteidiger widersprach der Staatsanwältin nicht. «Was mein Mandant getan hat, ist ein absolutes Tabu», sagt er. Dies sei A. R. mittlerweile auch bewusst. So entschuldigte sich dieser vor Gericht bei den anwesenden Klägerinnen.
Die Richter folgten der Staatsanwaltschaft und verurteilten den Belgier wegen mehrfacher Schändung, mehrfacher Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand. Neben der Gefängnisstrafe muss der 38-Jährige auch die Verhandlungskosten tragen und er muss vier der Geschädigten eine Genugtuung zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
* Name der Redaktion bekannt.
Hier der Beitrag von TVO:
Quelle: TVO