«The Morris Worm»

Als sich das Internet für immer änderte

22.01.2020, 08:16 Uhr
· Online seit 02.11.2018, 16:55 Uhr
Vor 30 Jahren wurde ein 23-jähriger Student wegen eines verhängnisvollen Fehlers verurteilt: Er legte den Grundstein für künftige Computer-Viren – und veränderte das Internet für immer.
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Es war der 2. November 1988, als der 23-jährige Robert Tappan Morris, Student an der Cornell University, die entscheidenden 99 Linien Code schrieb. Das kleine Programm lud er ins Arpanet, dem Vorläufer des heutigen Internets.

Was Morris nicht wusste: Er veränderte damit die Online-Welt. Seine 99 Linien Code gingen in die Geschichte als «The Morris Worm» ein. Es war eines der ersten Programme, das sich selbst immer wieder kopierte und weiter verbreitete. Damit war die Grundlage für künftige Computer-Viren gelegt.

Motiv völlig unklar

Bis heute weiss niemand so genau, was Morris damit bezweckte. War es Rache? Oder einfach Neugierde? Wollte er jemandem imponieren? Diese möglichen Motive werden zumindest im offiziellen Bericht der Cornell Universität genannt. Morris selbst sagt, dass er einfach das Ausmass des Internets habe messen wollen. Es sei ein «Nerd-Projekt» gewesen.

Egal was die Motivation war, der 23-Jährige leistete sich einen riesigen Schnitzer. Der Wurm war viel zu aggressiv, er verbreitete sich viel zu schnell. Das Programm checkte zuerst, ob es bereits eine Kopie auf dem Computer installiert war. Falls die Antwort «Nein» war, nistete sich der «Morris-Wurm» ein. Hiess es «Ja», duplizierte er sich und installierte eine weitere Kopie auf dem nächsten Gerät.

Das Internet bricht zusammen

Damit sich der Wurm nicht zu schnell ausbreitete und Aufmerksamkeit erregte, baute Morris eine Sicherheitsschranke ein. Nur jedes siebte Mal sollte sich das Programm installieren. Es brachte nichts. In einer Endlosschlaufe gab es bald tausende Kopien auf fast allen Computer der Welt. Der «Morris Worm» verbrauchte unglaublich viel Rechenleistung und überlastete so das Netz.

Bereits am Morgen des 3. Novembers waren rund zehn Prozent aller vernetzten Computer infiziert und zum Stillstand gebracht worden. Auch wenn es damals nur ungefähr 60‹000 solcher Computer gab, war der Schaden riesig.

Verurteilt und rehabilitiert

Der Kalte Krieg war immer noch in den Köpfen der Menschen, es wurden sofort russische Hacker hinter dem Angriff vermutet. Jede Zeitung und jede TV-Station berichteten darüber. Dazu beigetragen hat auch, dass Morris› Vater bei der Computersicherheit des US-Nachrichtendienstes NSA arbeitete.

Morris wurde später verhaftet und angeklagt. Eine Jury verurteilte ihn zu drei Jahren auf Bewährung, 400 Stunden sozialer Arbeit und einer Busse von 10'050 Dollar.

Die Konsequenzen des «Morris Worm» waren gigantisch. Das US-Verteidigungsministerium richtete ein Computer-Notfall-Team ein. Das Internet wurde nicht mehr als Ort des freien Wissensaustausch betrachtet, in der öffentlichen Wahrnehmung wurde es zu einer düsteren Ecke, wo sich Spione und finstere Gestalten herum treiben.

Übrigens: Morris arbeitet heute als Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und forscht zur künstlichen Intelligenz.

veröffentlicht: 2. November 2018 16:55
aktualisiert: 22. Januar 2020 08:16
Quelle: FM1Today

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